Der Weg zur Freilichtbühne: So können Kinder und Jugendliche mitwirken

Theater für die ganze Familie – das bietet die Freilichtbühne Herdringen nicht nur den Zuschauern, sondern auch den Schauspielern. Das heißt: Auch Kinder und Jugendliche haben einen festen Platz im Bühnenalltag. Aber wie kommen sie überhaupt zur Bühne?
Herdringen – Schon die kleinsten Darsteller – gerade mal ein Jahr alt – zaubern dem Publikum ein Lächeln ins Gesicht.
Im heutigen Teil unserer Serie „Blick hinter die Kulissen“ der Freilichtbühne Herdringen geht es daher um die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen.
Wie sind die Kinder und Jugendlichen überhaupt zur Freilichtbühne gekommen?
„Wir haben viele Kinder, die schon von Geburt an zur Freilichtbühne gehören, da ihre Eltern oder Großeltern ebenfalls an der Bühne aktiv sind. Andere Kids schnuppern bei Freilichtbühnenbesuchen mit der Familie, dem Kindergarten oder der Schule die Theaterluft. Sie identifizieren sich mit ihrer Lieblingsrolle und möchten auf der Bühne mit dabei sein“, erzählt Kinderwartin Sandra Blumenthal. Ganz nach dem Motto „Ich kenne jemanden, der jemanden an der Bühne kennt“, werde der Kontakt hergestellt – oder aber ganz „modern“ über das Kontaktformular auf der Internetseite der Freilichtbühne. Der Spielleiter des Familientheaters, Detlev Brandt, nimmt sich dem Nachwuchs an und stellt ihm die Freilichtbühnenfamilie mit all ihren Aufgaben vor. Sobald sich ein Kind oder Jugendlicher entscheidet, im Schauspiel mitzuwirken, findet kurz vor der Rollenverteilung für das nächste Stück ein Casting mit der Regie und Spielleitung statt. „Dabei schlüpfen alle, die in der nächsten Saison mitspielen möchten – egal wie alt und natürlich in lockerer Atmosphäre – kurz in verschiedene Rollen mit kleinen Textpassagen. So können wir sehen, wer in welche Rolle, in welchen Charakter, passt“, präzisiert Blumenthal. Eine Warteliste gibt es aktuell nicht. „Jeder und jede ist herzlich willkommen – ob auf oder hinter der Bühne – mitzumachen“, laden Svenja Beleke und Elisa Mengeringhausen, die Leiterinnen der Jugendgruppe, ein.
Was genau machen die Kinder und Jugendlichen an der Freilichtbühne?
Mit 16 Jahren gehören die jungen Schauspieler zur Jugendgruppe. Davor sind die Kinder in drei verschiedene Gruppen eingeteilt: Es gibt die Mini-Freilis – von null bis zwei Jahren, die Freili-Kids – von drei bis zehn Jahren – und die Teenies – von elf bis 15 Jahren. Die Jugendgruppe mache (fast) alles, was die Erwachsenen auch machen. „Das heißt, wir sind in den verschiedenen Gewerken aktiv und übernehmen dort Aufgaben – aktuell vor allem im Schauspiel, im Verkauf, in der Technik, in der Maske, in der Werbeabteilung, beim Parkplatzdienst sowie beim Kassendienst. Außerdem haben alle mindestens einen Putztermin, damit die Zuschauer und Zuschauerinnen ein sauberes Ambiente vorfinden“, so die Leiterinnen der Jugendgruppe. Ähnlich ist es auch bei den Kindern. Das Mitwirken im Familientheater ist die Hauptaufgabe der Kids und Teenies. Mit weiteren älteren Schauspielern gestalten sie das Theaterstück mit einzelnen Sprech- oder Gruppenrollen, Tanz- und Gesangseinlagen oder Choreos. „Vor allem die älteren Teenies können die einzelnen Gewerke unterstützen, aber auch bei Putz- und Aufräumaktionen wird mit angefasst“, sagt Sandra Blumenthal. „Der Bühnenbau kann in kleinen handwerklichen Aufgaben unterstützt werden, indem Beete angelegt werden, Requisiten dürfen bearbeitet werden, es wird gehämmert, gesägt, gemalt und auch am Kostüm Nadel und Faden angesetzt.“
Wie führen die Leiterinnen die Kinder und Jugendlichen an die Arbeit heran?
Die Leiterinnen bieten verschiedene Aktionen an. Noch vor Kurzem haben die Kinder und Jugendlichen den Freizeitpark Ketteler Hof besucht. „Beispielsweise haben wir im vergangenen Sommer Lasertag gespielt; wir treffen uns für Spielabende oder nehmen an Workshops teil. Außerdem ist die Jugendgruppe an der Organisation von vereinsinternen Feiern und Veranstaltungen beteiligt“, erläutern Svenja Beleke und Elisa Mengeringhausen. Der Verband deutscher Freilichtbühnen (VDF Nord) bietet über das Jahr verteilt verschiedene Veranstaltungen an. Eine davon: das Jugendcamp in Lohne. Dort treffen die Kinder und Jugendlichen der Freilichtbühne Gleichgesinnte und verbringen ein gemeinsames Wochenende miteinander. „Durch Gruppentreffen, Improvisationsspiele, Pantomine, Darstellungsaufgaben und indem die Kinder kurze Szenen aus Stücken nachspielen, werden die Schauspiel- und Ausdruckfähigkeiten immer wieder vertieft und sie trauen sich immer mehr vor anderen zu sprechen und auch mal in andere Rollen zu schlüpfen“, berichtet Blumenthal. Sie plant und begleitet zudem Schauspiel- und Choreo-Workshops. Sie sei also für das „Drumherum“ und „Nebenher“ zuständig, wobei der Spaß- und Gemeinschaftsfaktor immer an erster Stelle stehe. „Aber auch die Regie, Gesangslehrer und Choreografen profitieren von der großen Energie der jungen Darsteller“, so die Kinderwartin weiter. Mit externen Dozenten zu Themen wie Atem und Stimme, Körperhaltung und Emotionen werden die Fähigkeiten der Schauspieler weiter gefördert und geschult. Beleke und Mengeringhausen resümieren: „Eigentlich läuft es ganz nach dem Motto ,learning by doing’.“
Warum macht es den Leiterinnen besonders viel Freude, mit den jungen Schauspielern zu arbeiten?
„Wir beide sehen uns gar nicht als Arbeitende mit Jugendlichen. Wir sind genauso ein Teil von der Jugendgruppe wie alle anderen auch – mit dem Unterschied, dass wir mehr Organisation und die Vertretung im Vorstand übernehmen. Die allermeisten Entscheidungen treffen wir aber sowieso alle zusammen“, betonen Svenja Beleke und Elisa Mengeringhausen. Das bestätigt auch Sandra Blumenthal: „Ich finde es einfach super, dass es wirklich ein Hobby ist, bei dem alle gleich sind. Und wenn ich dann sehe, dass auf der Premieren-Party der geschäftsführende Vorstand mit der Fünfjährigen, dem 16-Jährigen und der 30-Jährigen zusammen den Ententanz tanzen, dann weiß ich, dass ich hier richtig bin.“