1. SauerlandKurier
  2. HSK
  3. Brilon

In Sicherheit: Geflüchtete Familie findet neue Heimat im Sauerland

Erstellt:

Von: Manfred Eigner

Kommentare

Brilon Victoria Liese Olga Daniel Lysiak Gefüchtete
Fühlen sich wohl in Brilon: Olga und Daniel Lysiak sind angekommen. Übersetzerin Victoria Liese (re.) hilft bei Sprachbarrieren. © Manfred Eigner

Sie versucht zu lächeln, doch die Anspannung spiegelt sich im Gesicht der jungen Frau wider. Olga Lysiak hat es gemeinsam mit ihrem Sohn Daniel nach einer Odyssee aus ihrer vom dem unsäglichen Krieg überschatteten Heimat in der Ukraine nach Brilon geschafft.

Brilon – Sie sind nicht mehr in Lebensgefahr, doch das Trauma sitzt tief. Dennoch findet die 41-Jährige den Mut, über ihre Situation zu berichten. Geebnet hat diesen Weg die Begrüßungsveranstaltung im Bürgerzentrum Kolpinghaus, zu der Brilons Bürgermeister gemeinsam mit Vertretern der Verwaltung eingeladen hatte. Übersetzerin Victoria Liese hat den Dialog ermöglicht.

Flucht aus dem Heimatort Butscha

Der Heimatort der Familie Lysiak befindet sich in einem Vorort der Stadt Butscha, rund 30 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew. Ein Städtename, der bis vor einigen Wochen meist unbekannt war, nach den Berichten aus dem umkämpften Gebiet aber seit Tagen immer wieder einen Platz in den Nachrichten findet.

Es waren viele, sehr viele und der Zug war sehr, sehr voll. Wir waren mit insgesamt 13 Menschen in einem Abteil. Erwachsene und Kinder. Überall, wo irgendwo Platz war, auch auf dem Fußboden, haben wir gesessen.

Olga Lysiak

„Wir sind mit dem Zug aus Kiew geflohen“, erzählt Olga Lysiak. „Es waren viele, sehr viele und der Zug war sehr, sehr voll. Wir waren mit insgesamt 13 Menschen in einem Abteil. Erwachsene und Kinder. Überall, wo irgendwo Platz war, auch auf dem Fußboden, haben wir gesessen.“ Dann geht ein Zucken durch das Gesicht der Frau. Auch bei dem neben ihr stehenden Sohn Daniel gehen bei diesem Satz sichtlich Erinnerungen durch den Kopf. Seine Hände wandern nervös, Halt suchend, von hinten nach vorn und zurück. Dann findet die Mutter weitere Worte: „Es war eng, aber das war nicht so schlimm wie die Bomben...“ Sie stockt erneut und ergänzt weiter nach kurzer Pause sorgenvoll: „Wir haben noch eine kleine Tochter, die bei meiner Mutter geblieben ist. Wir wissen nicht, wie sie hierherkommen können.“

Ihr Gesicht spricht jetzt Bände. Um eine Brücke zu bauen, lautet die nächste Frage, wie sie überhaupt nach Brilon gekommen sind. „Mit dem Zug durch Polen. Wir haben Bekannte in Bochum, von denen wir erfahren haben, dass Brilon Flüchtlinge aufnimmt. So haben wir von Brilon erstmals etwas gehört“, erklärt die junge Frau, sichtlich froh auf die jetzige Situation ausweichen zu können: „Zuerst haben wir zehn Tage in einem Auffanglager in Soest verbracht, ehe uns der Weg hierhin geführt hat. Wir sind glücklich hier zu sein und haben sogar eine kleine Zweizimmerwohnung. Wir sind damit sehr zufrieden. Schön ist es, dass Daniel jetzt auch hier zur Schule gehen kann.“

Daniel geht bereits zur Schule

Nun entspannt sich auch das Gesicht von Daniel. Auf die Frage, wie es ihm denn im Unterricht gehe, antwortet er: „Es ist nicht ganz einfach. Einige Lehrer sprechen nur deutsch, andere wiederholen es auf Englisch für mich.“ Das Malen ist für ihn ein liebgewonnenes Hobby und ganz wichtig ist für den Schüler: „Ich hab schon Freunde gefunden, mit denen ich mich nachmittags treffe.“ Auf die Frage, wie es mit der Verständigung klappt, antwortet er: „Irgendwie geht’s. Auch mal auf Englisch.“ So wie sich zeitgleich seine Arme und Hände bewegen, scheint es eine dritte Sprache zu geben, die ihn mit seinen Freunden verbinden könnte. Dann fügt die Mutter einen Satz ein, den nur Mütter sagen können und dem jungen Mann rote Wangen ins Gesicht wachsen lassen: „Er hat, glaube ich, eine Freundin.“ Verlegen kommt die Antwort: „Naja, da gibt es ein Mädchen, das mir Zettelchen mit aufgemalten Kätzchen zukommen lässt. Ich glaub, sie ist verliebt in mich.“ Dann wechselt er schnell das Thema und kommt auf seine Freunde und die Schule zurück: „Ich bemühe mich, Deutsch zu lernen. Besonders, um mit den Freunden zu spielen.“

Die Mutter nimmt ihn in den Arm und lächelt. Aber es bleibt ein angespanntes Lächeln. Auch wenn sie und ihr Sohn eine sichere Bleibe und eine Zukunft gefunden haben.

Auch interessant

Kommentare