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Muss das Kursanatorium Hochsauerland für Kriegsblinde schließen?

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Von: Manfred Eigner

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 Anke Klaholz Günter Huster Kursanatorium Gudenhagen
Trotz aller Sorgen kämpfen Anke Klaholz und Günter Huster zuversichtlich für eine sichere Zukunft der Einrichtung, der Mitarbeiter und ganz besonders den Bewohner. © Manfred Eigner

Vor 61 Jahren ist das Kursanatorium Hochsauerland in Gudenhagen als Kriegsblindenkurheim in Betrieb gegangen. Bis ins Jahr 2010 war es sehr erfolgreich mit Vollbelegungen und sogar Wartelisten. Jetzt steht die Kureinrichtung für kriegs- und nachkriegserblindete Menschen und deren Angehörigen jedoch vor einem existentiellen Problem.

Gudenhagen – Von den Erfolgen der ersten Jahrzehnte aber nicht geblendet, hat man vor einigen Jahren dem demografischen Wandel und den immer weniger werdenden blinden Gästen Rechnung getragen und eine Dauermieteinrichtung eingerichtet. Der so neu geschaffene „Wohnstift am Eschenberg“ ist von den blinden Menschen gut angenommen worden. „Derzeit leben zwölf Bewohner hier“, unterstreicht Günter Huster, Landesverbandsvorsitzender und Heimobmann im Kursanatorium Hochsauerland. Huster, ein Polizeibeamter, der im Einsatz erblindete, setzt sich intensiv für die Belange des Kursanatoriums ehrenamtlich ein.

Für ihn und die über 30 Mitarbeiter stellt sich die derzeitige Situation als sehr besorgniserregend dar. Mit der Corona-Pandemie ging mehrmals eine der gesetzlichen Vorgaben erforderliche temporäre Betriebsschließung des Kurangebotes einher. „Von den Folgen dieser Corona-Regeln hat sich unsere Einrichtung nicht mehr erholen können“, erklärt Anke Klaholz von der Verwaltungsleitung. Neben den Corona-Auswirkungen macht auch die immer kleiner werdende Zahl der Gästeanmeldungen den Schritt notwendig, eine andere, zukunftssichere Lösung für das Haus, seine Bewohner und für alle Mitarbeiter zu finden. „Es zeichnete sich ja ab, dass wir einen anderen Träger finden müssen“, beschreibt Günter Huster. „Dazu wurden viele Gespräche geführt sowie Wertgutachten für die gesamte Einrichtung erstellt. Im April 2021 kam die Idee auf, dass die DRK das Haus übernehmen könnte. Im Januar dieses Jahres stellte sich aber bei der Nachfrage über unseren Rechtsbeistand heraus, dass eine Übernahme durch das DRK nicht zustande kommen wird.“ Dafür gebe es laut Huster rechtliche Gründe: „Das geplante Hospiz im Hause und ein Parallelbetrieb mit dem Wohnstift als Mischbetrieb ist nicht zulässig.“ Ein herber Rückschlag für die Hoffnungsträger im Kursanatorium. „Es ist alles nicht so einfach“, so Huster. „Das Haus in eine Pflegeeinrichtung zu verwandeln, erfordert bauliche Maßnahmen, die in die Kalkulation von Investoren mit einfließen.“ Dennoch sind die Verantwortlich derzeit in Kontakt mit weiteren optionalen Betreiberkandidaten, suchen aber weiterhin noch Kontakte, um dem Haus und seinen Bewohnern und Mitarbeitern eine Zukunft zu bieten.

Die Zeit sitzt uns im Nacken.

Günter Huster

„Wir suchen auf jeden Fall einen Investor für eine gesamte Betriebsübergabe. Nicht nur für das Gebäude, sondern ganz wichtig für die Bewohner und Mitarbeiter.“ Dann fügt er mit sorgenvollem Gesicht hinzu: „Die Zeit sitzt uns im Nacken.“

Das Kursanatorium in Gudenhagen ist übrigens bundesweit das letzte von ehemals zwölf dieser Einrichtungen in der Trägerschaft des Kriegsblindenverbands Westfalen. Etwas Unmut begleitet die Verantwortlichen die Zukunftsplanung, was die Unterstützung seitens der Politik angeht. „Wenn man von Politikern vor zwei Jahren hier im Haus vollmundige Versprechen zur Unterstützung erhält und seitdem nichts mehr davon gehört hat, sind das schon so etwas wie Lippenbekenntnisse“, beschreibt ein enttäuschter Günter Huster. In Anbetracht, dass die Anerkennung Brilons als Kneipp-Heilbad maßgeblich durch die im Kursanatorium vorhandenen Einrichtungen mitgetragen worden sind, sollte vielleicht ein Motivationsfaktor für eine Lösung der Zukunft dieser Einrichtung sein.

Soziale Seite nicht vergessen

Bei allem betriebswirtschaftlichen Faktoren darf auch die soziale Seite nicht vergessen werden. „Im Wohnstift leben derzeit Menschen von 81 bis fast 100 Jahren“, mahnt Günter Huster. „Menschen in diesem Alter und dabei auch noch erblindet aus dem gewohnten Umfeld zu reißen ist schlichtweg unmenschlich. Da muss eine Lösung gefunden werden.“

Verwaltungsleiterin Anke Klaholz sieht ebenfalls Probleme – auch in Sachen Personal. „Gutes und engagiertes Personal zu finden, ist eh schwierig. Und das haben wir hier. Wir müssen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Sicherheit geben, für das, was sie hier leisten“, so die Verwaltungschefin. „Die Gefahr, dass Mitarbeiter aufgrund der unklaren Zukunft von sich aus auf die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle gehen, ist groß. Unser Pflegekonzept in der Blindenbetreuung sieht ein Verhältnis von 1 zu 2 vor. Dazu kommen weitere Anforderungen wie Rollatoren, Rollstühle oder Demenz bei den Patienten. Unsere Pflegekräfte sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Davon profitieren alle.“ Bleibt zu hoffen, dass die Bemühungen der Verantwortlichen Früchte tragen und es für das Traditionshaus oberhalb des Waldfreibades eine Zukunft gibt.

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