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E-Fuels als echte Alternative? Das sagen ein Motorsportexperte aus dem HSK, Politiker und Autohersteller

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Von: Claudia Metten

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Nuttlar Sprit
Für ihn sind E-Fuels eine echte Alternative: Christian Tschornia aus Nuttlar sitzt am Pikes Peak und sammelt und analysiert Daten in 4.300 Meter Höhe. © Privat

Die Klimaziele der Europäischen Union sind ambitioniert und ehrgeizig: Europa soll bis 2050 klimaneutral werden, bis 2030 sollen bereits 55 Prozent der Treibhausgase im Vergleich zum Jahr 1990 eingespart werden. Das bedeutet: Schärfere CO2-Emmissionsnormen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Ab 2035 sollen alle zugelassenen Neuwagen emissionsfrei sein. Um die Ziele zu erreichen, schreitet die Transformation in der Automobilbranche stetig voran, neue Technologien werden entwickelt und weiter ausgebaut. So auch im Bereich der Kraftstoffe für herkömmliche Verbrennermotoren. Sind E-Fuels dabei eine echte Alternative?

Hochsauerland/Nuttlar - Motorsportexperte Christian Tschornia aus Nuttlar, der auf die Entwicklung von leistungsgesteigerten Motoren spezialisiert und seit über zwei Jahrzehnten in der internationalen Rennsportszene weltweit unterwegs ist, sieht die Zukunft für Verbrenner im Betanken mit E-Fuels. E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, die meist aus Wasser und Kohlendioxid gewonnen werden. Für ihn ist genau dieser „Öko-Sprit“ die notwendige, umweltfreundliche Alternative, denn mit E-Fuels fahre jeder Benziner, Diesel sowie Oldtimer klimaneutral und sicher. Voraussetzung ist jedoch, dass der synthetische Kraftstoff aus grüner Sonnen- oder Windenergie hergestellt wird.

Mit E-Fuels lässt sich jeder Verbrennungsmotor antreiben. Ich war mehrfach am Pikes Peak in Colorado, um dort über einen längeren Zeitraum unter extremen Voraussetzungen wichtige Fakten zu sammeln.

 Christian Tschornia, Motorsportexperte aus Nuttlar

„Mit E-Fuels lässt sich jeder Verbrennungsmotor antreiben. Ich war mehrfach am Pikes Peak in Colorado, um dort über einen längeren Zeitraum unter extremen Voraussetzungen wichtige Fakten zu sammeln“, so der ehemalige Rennfahrer. „Wichtig war es mir dabei Testmöglichkeiten für einen eigenen Rennwagen zu schaffen, der demnächst mit elektrischem Treibstoff laufen wird.“

Datenvergleich am Pikes Peak

Bei Minusgraden hat Tschornia in über 4.300 Meter Höhe beim weltberühmten, jährlichen Bergrennen, dem Pikes Peak International Hill Climb, Daten im Hinblick auf Luftdichte, Siedepunkt, Zündfähigkeit, Temperaturunterschiede und Leistungsfähigkeit gesammelt. Durch den Datenvergleich konnte er genauestens analysieren, dass – so sein Ergebnis – E-Fuels im Vergleich zu herkömmlichem Kraftstoff sogar den Anforderungen im Hochleistungsrennsport gewachsen sind.

Nuttlar Sprit
In den Rocky Mountains hat Christian Tschornia herausgefunden, dass E-Fuels im Vergleich zu herkömmlichem Kraftstoff den Anforderungen im Hochleistungsrennsport gewachsen sind. © Privat

„E-Fuels sind aufgrund der Oktanzahl sogar besser geeignet für Verbrenner als herkömmlicher Sprit. Ein weiterer großer Pluspunkt ist, dass der grüne Kraftstoff sogar komplett in Deutschland hergestellt werden kann“, betont der Motorenexperte.

E-Fuels sind meiner Meinung nach die Zukunft auf dem Weltmarkt für Verbrenner und Oldtimer.

Christian Tschornia, Motorsportexperte aus Nuttlar

Sein Ziel ist es, dass Verbrenner und insbesondere Oldtimer nach entsprechendem Umbau zukünftig stressfrei mit E-Fuels fahren, ohne von Fahrverboten betroffen zu sein. Der Nuttlarer Rennfahrer ist sich sicher, dass mit dem „klimafreundlichen Flüssigkraftstoff“ der Verbrennungsmotor alle Klimaziele erreichen werde und somit die Zukunft der 48 Millionen Verbrenner auf den deutschen Straßen gesichert sei. „E-Fuels sind meiner Meinung nach die Zukunft auf dem Weltmarkt für Verbrenner und Oldtimer“, so sein Fazit.

Das sagt das EU-Parlament

Das EU-Parlament möchte jedoch keine synthetischen Kraftstoffe, sprich E-Fuels, zulassen. Nach den Vorstellungen der EU-Staaten sollen ab 2035 nur noch Neuwagen ohne CO2-Ausstoß zugelassen werden. Um den Verbrennern auch nach 2035 noch eine Chance zu geben, möchten sich die EU-Umweltminister aber im Gegensatz zum Parlament eine Hintertür offen lassen. Sie erarbeiten derzeit gemeinsam einen Vorschlag, bei dem es darum geht, dass Verbrennermotoren auch nach 2035 weiter zugelassen werden können, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden.

Das sagt Peter Liese von der CDU

Der Europa-Abgeordnete der CDU und umweltpolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Dr. Peter Liese, erklärte dazu: „E-Fuels sind extrem wichtig, wir brauchen sie zum Beispiel im Flugverkehr, um überhaupt klimaneutrale Lösungen hinzubekommen. Sie sind im Moment noch sehr teuer, aber das könnte sich ändern, wenn auf der ganzen Welt Erneuerbare Energien aufgebaut werden.“

E-Fuels können laut Liese Erneuerbare Energien speichern, die beispielsweise in Amerika, Latein-Amerika oder Afrika erzeugt und nach Europa gebracht werden. Der Europaabgeordnete wies jedoch darauf hin, dass sie für den normalen Pkw-Verkehr wahrscheinlich zu teuer und kein wirklicher Ersatz für das Elektroauto seien. „Ich habe dagegen gestimmt den Verbrennungsmotor 2035 zu verbieten, weil wir nicht wissen, wie die Entwicklung weitergeht. Wenn ein Unternehmen auf E-Fuels setzt, sollte das technologieoffen bleiben und nicht von der Politik entschieden werden“, so Liese.

Das sagen die Grünen im HSK

Als akzeptabel bewertet auch Stefan Slembrouck, Kreisverbandssprecher der Grünen im Hochsauerlandkreis, den Einsatz von E-Fuels. Offenheit müsse sein und insbesondere in der Landwirtschaft sowie in Bereichen, wo längere Reichweiten anfallen, sei der synthetische Sprit eine Option.

E-Fuels sind eine gute Alternative zu konventionellem Sprit, jedoch nur dann, wenn Erneuerbare Energien im Überfluss vorhanden sind.

Matthias Scheidt, Bündnis 90/Die Grünen HSK

„Ich habe etwas gemischte Gefühle“, sagt hingegen Matthias Scheidt von den Grünen. „E-Fuels sind eine gute Alternative zu konventionellem Sprit, jedoch nur dann, wenn Erneuerbare Energien im Überfluss vorhanden sind.“

Das sagen Autohersteller

Christian Tschornia mahnt im Hinblick auf ein endgültiges Aus für Verbrenner: „Sollten die Abgeordneten E-Fuels unterbinden und an der einseitigen Elektromobilität festhalten, kann ich ihnen nur den Rat mit auf den Weg geben, sich bei führenden internationalen Fahrzeugherstellern wie Toyota zu informieren“.

Doch wie bewerten die deutschen Automobilhersteller E-Fuels? Zahlreiche Autohersteller glauben nicht an die Zukunft des synthetischen Kraftstoffs. VW-Chef Herbert Diess hält den Einsatz von E-Fuels in der Massenmobilität sogar für „Unsinn“. Porsche hingegen setzt auf den Einsatz synthetischer Kraftstoffe. Der Sportwagenbauer investiert 75 Millionen Dollar (knapp 69 Millionen Euro) in die Entwicklung von Produktionsanlagen für E-Fuels. „Wir brauchen durchdachten Klimaschutz der umsetzbar ist und keine Verbotspolitik. Mit E-Fuels können wir die Verbrennermotoren retten und somit Arbeitsplätze sichern“, betont Christian Tschornia abschließend.

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