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Nach Erdbeben-Katastrophe in der Türkei und in Syrien: Große Hilfsbereitschaft im HSK

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Von: Stefanie Nöcker, Daniela Weber, Stefanie Schümmer, Marco Twente, Rebecca Weber

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Nach dem Erdbeben ging dieses Foto viral: Ein Mann hält die Hand seiner toten Tochter.
Nach dem Erdbeben ging dieses Foto viral: Ein Mann hält die Hand seiner toten Tochter. © Adem Altan/AFP

Die Bilder der Erdbeben-Katastrophe in der Türkei und in Syrien gehen um die Welt. Überall sind Hilfsaktionen gestartet worden. Auch im Sauerland ist die Anteilnahme riesig.

Hochsauerland – Ein Mann sitzt in den Trümmern seines Hauses. Er weint nicht, er schreit nicht. Sein Blick geht ins Leere. Er hält die Hand seiner toten Tochter. Dieses Foto des Erdbebens in der Türkei und in Syrien ist um die Welt gegangen. Mehr als 21.000 Menschen sind bei der Katastrophe ums Lebens gekommen, mehr als 64.000 verletzt.

Weltweit sind daraufhin Hilfsaktionen gestartet worden, um die Menschen in den betroffenen Gebieten zu unterstützen – so auch im Sauerland.

Spendenaktion in Schmallenberg

Sorgenvoll blickt Osman Yasar ins Erdbeben-Krisengebiet in der Türkei. Seine ganze Familie, unter anderem die Eltern, Onkel und Cousin seien mitten im betroffenen Gebiet. „Viele Menschen sind unter den Häusern begraben“, berichtet der Inhaber des Dönerhauses Aspendos in Schmallenberg. Zwei Tage lang sei zunächst kein Helfer vor Ort gewesen. Die gute Nachricht: Der engsten Familie gehe es den Umständen entsprechend gut.

Dennoch gebe es Grund zur Trauer, denn auch Freunde seien unter den Toten. Aus diesem Grund hat sich Osman Yasar dazu entschlossen, die Einnahmen eines Tages Hilfsorganisationen zugunsten der Erdbebenopfer zukommen zu lassen und Spenden zu sammeln. „Wir haben einen Lkw mit den nötigsten Sachen gepackt, um den Menschen in der Türkei zu helfen“, erklärt Yasar und bedankt sich zugleich bei den Spendern, die mithelfen, das Leid zu mindern.

Spendenaktion in Medebach

Auch für Süleyman Ertürk, Inhaber des Imbisses „Mega Döner“ in Medebach, stand sofort fest: Er muss helfen. „Meine ganze Familie lebt in Besni. Die Stadt wurde besonders hart getroffen“, berichtet Ertürk. „Mein Schwiegervater rief auf einmal an und sagte, dass die Erde bebt. Dann brach die Telefonverbindung ab. Der Strom war weg. Wir wussten nicht, ob unsere Familie überhaupt noch lebt.“ Diese Ungewissheit und Hilfslosigkeit seien schlimm gewesen.

Mittlerweile wissen Süleyman Ertürk und seine Frau Melissa, dass ihre Angehörigen wohlauf sind. „Andere hatten vielleicht nicht so ein Glück. Menschen wurden verletzt, sind ums Leben gekommen und viele werden immer noch vermisst“, sagt der 27-Jährige. „Deswegen haben wir bei uns im Döner-Laden Spenden gesammelt.“ Via Facebook wurde auf die Sammlung aufmerksam gemacht. Der erste Bulli wurde bereits losgeschickt. „Wir danken für die zahlreiche Mithilfe“, so Ertürk. „Wir müssen uns immer vor Augen halten, dass es uns genauso treffen könnte.“

Spendenaktion in Eslohe

Das schlimme Schicksal der Menschen im Katastrophengebiet macht Michaela Wälter, Inhaberin von Taxi Habbel in Eslohe, gleichermaßen betroffen. Ein Kollege und dessen Frau haben Familie dort. Daher hat sie – wie bereits zu Beginn des Krieges in der Ukraine – eine Hilfsaktion gestartet, allerdings etwas kleiner. „Am Sonntag geht ein großer Hilfstransport aus Meschede in die vom Erdbeben betroffenen Regionen. Wir stellen einen Zuliefertransport zusammen“, so Michaela Wälter in ihrem Facebook-Aufruf. Gefragt seien ausschließlich Sachspenden, die bis zum heutigen Samstagmittag noch abgegeben werden können – und zwar in Eslohe, Hauptstraße 65. Auch Kartons zum Verpacken werden gebraucht. Benötigt werden: Babynahrung, Pampers, Decken (keine Federbetten), Schlafsäcke, warme Jacken, Taschenlampen, Batterien, Hygieneartikel, Gasbrenner und Kartuschen. Die Türkisch-Islamische Gemeinde Eslohe bietet heute von 13 bis 18 Uhr türkische Gerichte und Spezialitäten an. Die gesamten Erlöse der Aktion werden an die Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien gespendet.

Spendenaktionen in Winterberg

In Winterberg wird ebenfalls Solidarität gezeigt. Der Verein „Kipepeo – fair und sozial“ hat am Donnerstag und Freitag für die Erdbebenopfer Spenden entgegengenommen. Am heutigen Samstagmorgen startete der Hilfstransport ins Krisengebiet. Ähnlich sieht es im Sonnenstudio R-Sun, Untere Pforte 2, in Winterberg aus. Dort können noch bis heute (Samstag, 11. Februar), 12 Uhr Spenden abgegeben werden „Es sind bis jetzt wirklich viele Spenden eingegangen. Es ist schön zu sehen, dass die Menschen sich so einsetzen. Ein Teil wird auch nach Syrien gehen“, teilt Tina Rohleder, Inhaberin des Sonnenstudios, mit. „Und wenn noch mehr gebraucht wird, werden wir nochmal eine Aktion starten. Für die Menschen in der Türkei und in Syrien.“

Solidarität in Arnsberg und Sundern

„Auch wir haben Spieler und Mitglieder, die aus der betroffenen Region kommen“, berichtet Kenan Özkorucu, Vorsitzender des Sportvereins Türkiyemspor Neheim-Hüsten. Schnell stand für den Verein daher fest, hier in der Umgebung Spenden- und Hilfsangebote zu starten. „Das Spendenaufkommen in dieser Woche war sehr groß. Es haben sich mehrere Lkw, geladen mit Kleidung, Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln und vielem mehr aus dem Kreis Arnsberg, Meschede und Werl auf den Weg in die Türkei gemacht. Dafür hat man sich in Verbindung mit den jeweiligen Hilfsorganisationen in der Türkei gesetzt“, so Özkorucu. Er weiß: „Nun benötigen die Betroffenen besonders Nahrung, Hygieneartikel, Decken, Zelte, Taschenlampen, Gasbrenner, Batterien, Powerbanks, um sich bei dieser Kälte am Leben halten zu können.“ Auch Geldspenden seien natürlich hilfreich, damit in den einzelnen Gebieten gezielt die erforderlichen Güter gekauft werden können, „und in Zukunft die Menschen ihre Häuser, ihre komplette Heimat, wieder aufbauen können“. Der Verein wird auf seinen Internetpräsenzen und über Social Media über weitere Aktionen berichten.

Benefizspiel Langscheid Türkiyemspor
Mit einem Benefizspiel sammelten der SuS Langscheid/Enkhausen und Türkiyemspor Neheim-Hüsten Spenden für die Betroffenen. © Andre Geißler

Zudem fand in dieser Woche bereits ein Benefiz-Fußballspiel statt. „Tore für den guten Zweck“: Nach dem spontan vom SuS Langscheid/Enkhausen organisierten Benefizspiel gegen Türkiyemspor Neheim-Hüsten, das 4:2 endete, konnte der Gastgeber dem türkischen Verein am Donnerstagabend eine Spendensumme in Höhe von 1500 Euro für die Opfer der Erdbebenkatastrophe übergeben. „Neben dem Ertrag aus dem Spiel haben der SuS und seine Spieler gespendet“, erklärte SuS-Betreuer René Beringhoff nach dem Abpfiff im Langscheider Sportpark: „Für die kurze Vorlaufzeit ist das schon eine schöne Summe.“

Auch an vielen anderen Stellen gibt es Spendenaktionen und Sammlungen: So kündigen etwa das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Hüsten und die Propsteipfarrei Arnsberg an, die Kollekte von diesem Wochenende für die Opfer des Erdbebens in Syrien und der Türkei zu spenden.

Mehmet Kuzkun aus Meschede berichtet

Als Mehmet Kuzkun am frühen Montagmorgen in den Nachrichten von der Naturkatastrophe hörte, war er geschockt. Seine Gedanken kreisten sofort um seine Familie, die in der Türkei lebt. „Ich habe natürlich direkt versucht, alle telefonisch zu erreichen. Circa 95 Prozent meiner Familie wohnt in Gaziantep: meine Schwester, meine Cousins, meine Neffen, mein Schwiegervater. Zum Glück war ihnen nichts passiert. Ich war so erleichtert“, berichtet der 51-Jährige sichtlich bewegt.

Fast rund um die Uhr schaut Kuzkun in diesen Tagen die Nachrichten im Fernsehen, um die neusten Entwicklungen zu erfahren. „Ich schlafe zurzeit höchstens vier Stunden und bin in ständigem Kontakt mit meiner Familie im Erdbebengebiet.“ Erst gestern erreichte den Mescheder, der seit seinem siebten Lebensjahr in Deutschland lebt, eine traurige Nachricht.

Ich freue mich über jeden Menschen, der lebend in den Trümmern gefunden wird. Einige meiner Verwandten haben ihre Häuser verloren, aber sowas kann man ja ersetzen. Leben kann man nicht ersetzen.

Mehmet Kuzkun aus Meschede

„Eine Familie mit drei Kindern aus Gaziantep wurde tot in den Trümmern entdeckt. Ich kannte sie zwar nicht persönlich, aber ich kenne die Sippe“, sagt er mit leiser Stimme. Besonders tragisch für ihn persönlich: Auch einige seiner Freunde sind gestorben, Bekannte gelten noch als vermisst. Mehmet Kuzkun versucht gefasst zu bleiben, doch, dass ihn die Geschehnisse emotional berühren, merkt man ihm an. Wenn er die Bilder von den Bergungsarbeiten sieht, macht sich aber manchmal ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht breit. Nämlich dann, wenn jemand lebend aus den Trümmern geborgen wird.

Für den Mescheder sind das diese kleinen Wunder, die etwas Licht in die dunklen Stunden bringen: „Ich freue mich über jeden Menschen, der lebend in den Trümmern gefunden wird. Einige meiner Verwandten haben ihre Häuser verloren, aber sowas kann man ja ersetzen. Leben kann man nicht ersetzen.“ Auch wenn Kuzkun bereits seit 44 Jahren in Deutschland lebt, ist seine Verbundenheit mit seinem Geburtsland groß. Und so plant er demnächst eine Reise in die Türkei, um seiner Familie beim Wiederaufbau zu helfen.

Spendenaktionen in Meschede

In Meschede sammelt die Türkisch-Islamische Gemeinde noch bis heute Abend um 20 Uhr Spenden in der Fatih-Moschee. „Wir freuen uns über Sach- und Geldspenden. Viele Mescheder haben sich schon beteiligt. Wir sind dafür sehr dankbar“, betont der Vorsitzende Mahmut Polattimur,

Erdbeben Hilfe
Große Solidarität: In der Fatih-Moschee lagern bereits zahlreiche Spenden. © Privat

Auch die Glexx Logistik GmbH unterstützt die Erdbebenopfer. „Eine besonders stark betroffene Region in der Südtürkei ist Hatay. Es ist der Geburtsort unseres Team-Kollegen Selim Balikcioglu. Deshalb ist es uns eine Herzensangelegenheit, persönlich zu helfen“, heißt es auf der Facebook-Seite des Unternehmens. Benötigt werden Kleidung, haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel und Windeln. Geplant ist ein Transport mit mehreren Fahrzeugen nach Hatay am 18. Februar. Sammelstelle: Auf’m Brinke 16 in Meschede, Montag bis Freitag von 12 bis 17 Uhr.

Spendenaktion in Brilon

Die Bilder des Leids und der Trauer, die aus den Erdbebengebieten in der Türkei und in Syrien übermittelt werden, lösen auch in Brilon Entsetzen, Trauer und Mitgefühl aus. Die türkische Gemeinde in Brilon hat schnell reagiert und steht bereit für Hilfstransporte in die Krisengebiete. Ein Aufruf der Gemeinde zur Lieferung von Hilfsgütern ist bereits erfolgt. Gebraucht werden Gasbrenner, Taschenlampen, Schlafsäcke, Winterkleidung, Decken, Babynahrung, Windeln und Hygieneartikel, die in der Nikolaistraße 11 abgegeben werden können.

Die Hilfsaktion braucht auch finanzielle Unterstützung, nicht nur zur Finanzierung der Hilfstransporte, sondern auch für notwendige Hilfe vor Ort. Die Stadt hat einen Spendenfonds eingerichtet. Dafür steht das städtische Konto bei der Sparkasse Hochsauerland, IBAN: DE04 4165 1770 0000 0023 37, zur Verfügung; Verwendungszweck: „Erdbebenhilfe Brilon“. Für Beträge von mehr als 300 Euro wird selbstverständlich eine Spendenquittung ausgestellt.

Auch die Schüler des Berufskollegs Brilon sind angesichts der Nachrichten und Bilder aus den Erdbebengebieten in Syrien und der Türkei sehr betroffen und möchten helfen. Am Mittwoch, 15. Februar , von 9 bis 12 Uhr öffnet unter dem Motto „Unsere Schule hilft” das BKB-Café. Die Schulgemeinschaft sowie alle, die selbstgebackenen Kuchen mögen und helfen möchten, sind ins Berufskolleg Brilon eingeladen. Im BKB-Café gibt es keine Preise: Jeder spendet so viel er kann und möchte. Der Erlös wird dem von der Stadt Brilon eingerichteten „Spendenfonds Erdbeben” zur Verfügung gestellt.

Spendenaktion in Olsberg

Für die Opfer des Erdbebens organisiert auch der Studienkreis in Olsberg eine Hilfsaktion. Waffeln werden am Freitag, 17. Februar, ab 8.30 Uhr in den Räumen des Studienkreises, Hauptstraße 80 gebacken. Bis circa 17 Uhr können die Leckereien durch eine Spende gekauft werden. „Bitte unterstützen Sie uns und unser Angebot. Gerne dürfen Sie auch in den nächsten Tagen schon Waffeln telefonisch oder per WhatsApp (0151/40774429) vorbestellen und diese dann wie gewünscht bei uns abholen“, so Gudrun Straberg vom Studienkreis. „Auch aus dem HSK werden sich Hilfstransporte auf den Weg machen, um direkt vor Ort zu helfen. Diese möchten wir gerne finanziell mit unserer Waffelbackaktion unterstützen.“ 

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