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Projekt-Cirkus Casselly lässt Kinder aus sich heraus wachsen

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Von: Kristin Sens

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Ein besonderes Zirkuserlebnis: Die Schüler der Egge-Diemel-Grundschule verwandeln sich in kleine Manegenstars.
Ein besonderes Zirkuserlebnis: Die Schüler der Egge-Diemel-Grundschule verwandeln sich in kleine Manegenstars. © Kristin Sens

Die Atmosphäre ist wie bei einem Rock-Konzert: kreischen und johlen, klatschen und stampfen – das Zelt bebt. Gespannt blickt das Publikum – Schüler und Kindergartenkinder aus Marsberg – in die Manege des Circus Casselly. Was sie erwartet, ist ein ganz besonderes Zirkuserlebnis. Denn die Künstler und Artisten sind Kinder, so wie sie selbst.

Westheim – Drei Tage nur haben die Schüler der Egge-Diemel-Grundschule, an der das Zirkusprojekt der Artistenfamilie Casselly in dieser Woche Station machte, gebraucht, um sich in kleine Manegenstars zu verwandeln.

Am ersten Tag erklärten und demonstrierten die Zirkusleute den Kindern, welche Programmnummern im Angebot sind und wie die Kunststücke aussehen. Dann durften die Kinder selbst entscheiden, ob sie Bodenakrobatik machen, ein lustiger Clown sein, Zauberkunststücke vorführen, jonglieren, auf dem Seil balancieren oder am Trapez Luftakrobatik probieren wollten. Manchem fiel die Wahl nicht leicht.

„Ich wollte Clown, Zauberer oder Jongleur werden“

„Ich wollte Clown, Zauberer oder Jongleur werden“, erzählte Henrik Nolte von der 4a. Als er dann sah, dass es drei verschiedene Clownskostüme gab, war die Sache klar. Auch sein Klassenkamerad Moritz Köster konnte sich zunächst nicht entscheiden, war dann aber mit seiner Rolle als Zauberer sehr zufrieden.

Um es vorweg zu nehmen, die erste Frühvorstellung am Donnerstagmorgen, die zugleich die Generalprobe für die Galavorstellung am Nachmittag war, war ein voller Erfolg. Das Publikum verfolgte die Darbietungen begeistert und mit gespannter Aufmerksamkeit. Sie lachten über die Clowns, die dem Zirkusdirektor einen Streich nach dem anderen spielten, hielten den Atem an, wenn es „hoch hinaus“ ging und rätselten über die Tricks der Zauberer.

„Wir sind Anfänger“, ordnete Karl Lange, ebenfalls 4a, nach der Vorstellung ihr Können selbstkritisch ein. Und dennoch: Was sie in den drei Tagen – eigentlich waren es sogar nur drei Doppelstunden – gelernt haben, ist enorm: Körperspannung, Körperhaltung, Geschicklichkeit, aber auch sich zu konzentrieren, zuzuhören und sich gegenseitig zu helfen. „Das ist das beste soziale Kompetenztraining das wir je hatten“, bedankte sich Schulleiterin Anja Rücker-Fahle bei der Zirkusfamilie.

„Was die Kinder hier lernen, ist für’s ganze Leben“

Das jahrgangsübergreifende Zusammenwirken – mitmachen durften alle Schüler, von der ersten bis zur vierten Klasse – stifte einen ganz neuen Gemeinschaftssinn. Schön sei auch, dass Kinder, die im normalen Unterricht zu kämpfen haben, hier eine Chance erhalten, ebenfalls zu glänzen. Viele Schulen tun sich mit außerschulischen Projekten schwer, weil dadurch Unterrichtszeit verloren geht. Rücker-Fahle sieht das anders: „Unsere Kinder haben in der Projektwoche keinen Unterricht verpasst. Ganz im Gegenteil, was die Kinder hier lernen, ist für’s ganze Leben.“

Und die Kinder? Die seien von Anfang an Feuer und Flamme gewesen, erzählte die Schulleiterin. Darin waren sich auch die Viertklässler einig: Dieser Zirkus war ein ganz besonderes Erlebnis, welches sie nicht so schnell vergessen werden. Im Zirkus waren fast alle schon mal. „Aber nicht nur Zuschauer zu sein, sondern selbst mitzumachen, das ist etwas ganz anderes“, sagte Carla Michels. Mira von Twickel erzählte, dass sie schon einmal mitbekommen hat, wie ein Artist abgestürzt ist. Um so mutiger von ihr, sich jetzt selbst in das Scheinwerferlicht zu stellen, als Ansagerin und als Bodenartistin. Die Kinder wissen nun, wie schwierig und hart erarbeitet es wirklich ist, was in der Vorstellung so „kinderleicht“ aussieht. „Ich war stolz auf mich“, sagte Thilo Salmen, der als Zauberer auftrat. Und das können die Kinder auch wirklich sein. Die meisten von ihnen bedauern, dass der Zirkus keine Nummern mit Tieren mehr anbietet. Aber sie haben auch kluge Argumente dagegen: „Im Zirkus können die Tiere kein so großes Gehege haben“, erklärte Levin Röleke. „Manche Kinder, die Allergien haben, könnten dann auch gar nicht mitmachen“, sagte Martha Kurtz. Außerdem stiehlt ihnen keiner mehr die Show: „Sonst waren die Tiere immer der Höhepunkt, aber ohne sie konnten wir viel mehr selber machen“, stellte Mira fest.

2016 war der Projekt-Zirkus schon einmal an der Grundschule. „Eigentlich wollten wir, dass jeder Schüler mindestens einmal die Chance zu diesem Erlebnis erhält“, das sei so in der Schulkonferenz beschlossen worden, erzählte die Schulleiterin. Deshalb sollte der Zirkus bereits 2020 wieder in Westheim gastieren. Aber dann kam Corona und das Vorhaben musste zweimal aufgeschoben werden.

Die Pandemie war für die Cassellys, die sich auf Schulprojekte spezialisiert haben, eine harte Zeit: „Zwei Jahre Stillstand, wir haben es gerade so geschafft, uns über Wasser zu halten“, berichten sie. Umso mehr freuen sich alle, dass es jetzt wieder weiter geht.

Nach dem zweiten Vorstellungstag, an dem die B-Klassen dran waren, wurde, teils mithilfe von Eltern und ehemaligen Schülern, das Zelt schnell abgebaut, alles in die Wagen verstaut und dann ging es direkt nach Schmallenberg, wo die nächste Schule wartet.

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