Tierische Kollegin: Malteserhündin „Ella“ arbeitet als „Erzieherin“ in der Kita am Rennufer

Schwarze Knopfaugen in einem weißen, fluffigen Fellknäuel: Beim Anblick von Ella dürften sogar Hunde-Skeptiker schwach werden. Das Besondere an der dreijährigen Malteser-Hündin ist, dass sie kein „Schoßhündchen“ ist, wie man aufgrund ihrer Größe und Niedlichkeit erwarten könnte, sondern ein echter Arbeitshund.
Obermarsberg – Denn Ella ist eine ausgebildete und zertifizierte Pädagogikbegleithündin – ihr Einsatzort ist das Familienzentrum Kindertagesstätte am Rennufer.
„Ich hatte schon einige Hunde, aber als ich Ella bekam, habe ich schnell gemerkt, dass sie etwas ganz Besonderes ist“, erzählt „Frauchen“ Tatjana Trilling. Das freundliche, ausgeglichene Wesen ihrer Hündin brachte die Erzieherin auf die Idee, Ella in die „Raben-Gruppe“ in der Kita am Rennufer mitzunehmen, welche sie leitet.
Einige Hürden waren zu nehmen, aber ihre Kolleginnen und auch die Eltern waren schnell überzeugt. Eine erste Annäherung mit den Kindern fand sozusagen auf neutralem Grund, auf dem Spielplatz in Westheim statt. Die geringe Größe der Hündin und ihre entspannte Art ließ die Kinder schnell Vertrauen fassen.
Seit September begleitet Ella nun regelmäßig ihr Frauchen in den Kindergarten. Parallel absolvierten die beiden an der Steinfurter Akademie für tiergestützte Therapie (SATTT) eine Ausbildung zum Pädagogikbegleithund, die sie unlängst erfolgreich abgeschlossen haben.
Aber auch die Kinder mussten einiges lernen. „Wir haben den Hund zum zentralen Thema in unserer Gruppe gemacht“, erklärt Tatjana Trilling. An oberster Stelle stand der richtige Umgang mit dem Vierbeiner. Dazu entwickelten sie ein Plakat mit Regeln. Das hängt nun im Flur vor dem Gruppenraum.
Bei jedem Stuhlkreis mit Ella werden die Regeln aufgefrischt. Inzwischen sind die Kinder richtig fit: Sie wissen, wann Ella im Arbeitseinsatz ist und gestreichelt werden darf: Nämlich wenn sie ihr rosa Halstuch trägt – dann weiß auch Ella was jetzt von ihr erwartet wird.
Die Kinder wissen genau, wie man Kontakt aufnimmt – Ella erst einmal schnuppern lassen – und an welchen Stellen Ella gerne gestreichelt wird. Ein weiteres Plakat zeigt die Körperteile, die Streichelzonen sind. Die Kinder haben zudem gelernt, auf Signale der Hündin zu achten: Ist die Rute unten, wendet sie sich ab, gehen ihre Augen zu? Dann ist sie nicht interessiert oder müde.

Eine weitere wichtige Regel ist es, leise zu sein. Tatsächlich dringt aus dem Raum kaum ein Laut, es gibt kein wildes Gerenne – ungewöhnlich für einen Kindergarten. Die Kinder haben verinnerlicht, sich zurückzunehmen und Rücksicht zu nehmen. „Und das wenden sie inzwischen auch beim Umgang untereinander an“, hat die Erzieherin beobachtet. Sie seien viel solidarischer geworden.
Bevor Ella ein Leckerli bekommt, wird dieses von Kind zu Kind mit Löffelchen weitergereicht. Bei dieser Geschicklichkeitsübung helfen sich die Kinder untereinander. Und als ein Kind mit Ella einen Trick vorführen darf, gibt es keinerlei Proteste.
Nichtsdestotrotz: Irgendwann muss auch getobt werden. Das dürfen die Kinder, sobald sie im Freien sind und Ella ist mittendrin. Vom Bällchen holen kann sie gar nicht genug bekommen.
Ihr Frauchen hat aber genau im Blick, wann es genug für die Hündin ist und sie eine Pause braucht. Zudem hat Ella nur eine „Drei-Tage-Woche“. Nur einmal wöchentlich verbringt sie einen ganzen Tag in der Einrichtung.
Tatjana Trilling hat derweil weitere Pläne: Sie möchte Ella dafür qualifizieren, sie auch in der integrativen Kindergartengruppe einzusetzen. Als Arbeitstiere sind kleine Hunde wie Ella eher die Ausnahme. Dabei hätten Malteser besondere Vorteile, weiß die Erzieherin, denn aufgrund ihres besonderen Fells sind sie auch für den Kontakt mit Allergikern geeignet.
So können Hunde das Gefühl der Akzeptanz, der Geborgenheit, des Zuhörens und der Freude vermitteln, liefern Gesprächsstoff und fördern motorische und kognitive Entwicklungen sowie die Eigenaktivitäten des Menschen.
Generell bieten Hunde sich für den Einsatz in pädagogischen und therapeutischen Bereichen an, denn sie haben ähnliche soziale Strukturen und Bedürfnisse wie Menschen. Sie sind einfühlsam, anpassungsfähig, suchen Kontakt zu anderen Sozialpartnern und genießen die Aktivitäten mit Menschen. „So können Hunde das Gefühl der Akzeptanz, der Geborgenheit, des Zuhörens und der Freude vermitteln, liefern Gesprächsstoff und fördern motorische und kognitive Entwicklungen sowie die Eigenaktivitäten des Menschen. Sie unterstützen das Sozialverhalten, vor allem Empathie, Rücksichtnahme, Akzeptanz von Grenzen, Zurückstellung eigener Bedürfnisse und das Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein“, erläutert die Erzieherin die theoretischen Hintergründe. Ihre „Kollegin“ Ella setzt diese mustergültig in die Praxis um.