An vielen Stellen wurde bundesweit mit Nachdruck gearbeitet und sich eingesetzt. Die Vernunft hat gesiegt, niemand hatte Verständnis für die Argumentation der Grünen.
„An vielen Stellen wurde bundesweit mit Nachdruck gearbeitet und sich eingesetzt. Die Vernunft hat gesiegt, niemand hatte Verständnis für die Argumentation der Grünen.“ Für Freienohl bedeutet die Entscheidung, dass alle Haushalte im Ort weiter durch die beiden Wasserkraftwerke an der Ruhr mit Strom versorgt werden. Die rund 4.000 Bürger können also aufatmen, denn die Energieversorgung mitsamt fünf Millionen Kilowattstunden ist gesichert.
Auch der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese äußerte sich dazu erleichtert: „Mit dem in dieser Woche im Deutschen Bundestag beschlossenen Osterpaket werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den massiven und beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien einen großen Schritt nach vorne gebracht. Es ist eine gute Nachricht für unsere Region, dass die bestehenden Regelungen für die Wasserkraft auch in Zukunft bestehen bleiben. Die Entscheidung ist in der aktuell angespannten Energieversorgungslage absolut richtig. Auf den letzten Metern haben wir in intensiven Gesprächen entsprechende Bedenken aus dem Weg räumen können.“
Mit diesen Verbesserungen werde dafür gesorgt, dass mehr Flächen für Photovoltaik an den Seitenrandstreifen von Verkehrswegen, auf Grünland und auf Dächern zur Verfügung stehen. Dass nun auch die Wasserkraft zum Bereich des überragenden öffentlichen Interesses zählt, ist laut dem Briloner SPD-Politiker für die älteste Form der Erneuerbaren Energien nur folgerichtig.
[Erstmeldung] Es wäre ein harter Schlag für die Besitzer von Wasserkraftwerken. Denn im aktuellen Entwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird den kleineren Anlagen das öffentliche Interesse abgesprochen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz begründet den Entwurf mit dem Schutz der Umwelt. Kleine Wasserkraftanlagen, so heißt es, seien nicht gewässerökologisch verträglich.
Hochsauerland/Freienohl – Was heißt das konkret für Wasserkraftwerke in Deutschland und bei uns im Hochsauerlandkreis? Das Gesetzespaket zur Energiewende sieht vor, kleine Wasserkraftanlagen mit einer Leistung mit bis zu 500 Kilowatt (kW) künftig nicht mehr zu fördern. Der Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) bezeichnet diesen Schritt als „branchenvernichtend und im Hinblick auf die Energiesicherheit und das Klima unverständlich“. Für die CO2- freie und dezentrale Energieerzeugung bedeute das Gesetz, dass 6.500 der Wasserkraftanlagen in Deutschland zukünftig keine Einspeisevergütung mehr bekommen sollen.
Aufgrund der verminderten Gaslieferungen aus Russland hat die Bundesregierung inzwischen die Alarmstufe des nationalen Notfallplans Gas ausgerufen. Am 8. Juli soll das Gesetz den Bundestag passieren, damit wieder vermehrt Kohlekraftwerke ans Netz geholt werden können. Zugleich appelliert die Regierung an Wirtschaft und Bevölkerung, alle Möglichkeiten zur Energieeinsparung zu nutzen.
Hans-Peter Lang, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Wasserkraftwerke (BDW): „Kohlekraftwerke sind einfach Gift fürs Klima. Der Krieg in Europa hat uns alle in eine neue Lage versetzt, er führt uns die Abhängigkeit von ausländischen Energielieferanten drastisch vor Augen. Aber sollen dafür jetzt Unternehmer bestraft werden, die seit Jahrzehnten aktiven Klimaschutz betreiben und die Abhängigkeit von Energieimporten verringern? Das ist ein himmelschreiender Dissens!“
Der EEG Entwurf 2023 nütze weder dem Klima noch der Energiezukunft Deutschlands, stellt Kraftwerkbesitzer Carsten Linneborn aus Meschede-Freienohl deutlich heraus. „Das Habeckministerium wird uns das Wasser abdrehen. Konkret bedeutet der Gesetzesentwurf, dass die Einspeisevergütung in Frage gestellt ist, neue Wasserkraftwerke nicht mehr genehmigt werden beziehungsweise Genehmigungen zum Betrieb der Anlagen nicht mehr verlängert werden“, mahnt er. Zusammen mit seinem Bruder Franz-Josef betreibt Linneborn in fünfter Generation in einem Seitenarm der Ruhr sein Wasserkraftwerk.
Bereits seit 1871 benutzt das Unternehmen Ernst Linneborn – Wasserkraftwerk GmbH & Co. KG die Wasserkraft als Energiequelle. Seit 1921 erzeugt die Firma ihren eigenen Strom, 1983 wurde die Anlage modernisiert. „2012 haben wir effizientere Getriebe und Generatoren angeschafft und installiert. Dadurch die Leistung um zehn Prozent erhöht“, ergänzt Linneborn. Und: Damit eine Fischwanderung stattfinden kann, wurde 2009 eine Fischtreppe nach den Vorgaben der EU gebaut. „Dadurch sind wir ökologisch absolut durchgängig.“
Mit seiner regionalen Energie erzeugt Linneborn jährlich zwei Millionen Kilowattstunden Strom, versorgt so 500 Haushalte in Freienohl. Zusammen mit einem anderen Kraftwerkbesitzer produziert er insgesamt fünf Millionen Kilowattstunden, die fast alle Haushalte des Ortes abdecken. „Wasserkraft ist immer dort ein Thema, wo es bergig ist. Alle drei bis fünf Kilometer entlang der Ruhr stehen seit Hunderten von Jahren Dutzende von Kraftwerken. Denen soll jetzt das Wasser abgegraben werden“, sagt er fassungslos.
Das Gesetz würde für viele Wasserkraftwerke entlang der Ruhr das Aus bedeuten, merkt der Freienohler weiter an. „Die gemachten Änderungsvorschläge im EEG sind für die Wasserkraft, wie auch für die Klimaneutralität kontraproduktiv und werden dem Energieverbraucher viel Geld kosten. Wasserkraft braucht Unterstützung statt ideologischer Gängelung“, so Carsten Linneborn weiter.
Kreisverbandssprecher Stefan Slembrouck, Grüne Hochsauerland, betont, dass gerade für die Grünen Wasserkraftwerke ein schwieriges Thema seien, da Arten- und Klimaschutz hier im Konflikt miteinander stünden. „Die EU Wasserrichtlinien zur Verbesserung der Qualität von Oberflächengewässern, an denen sich der EEG Entwurf orientiert, beruht auf wissenschaftlichen Studien, die nachweisen, dass Wasserkraftanlagen eine wesentliche Ursache für das Artensterben in und an Fließgewässern sind.“
Allein die Flutkatastrophe im vergangenen Jahr habe deutlich gemacht, dass die Politik der Wasserregulierung mit Hilfe von Querbauten (Wehren und Wasserkraftwerke) der vergangenen Jahrzehnte uns nicht mehr vor Überflutungen schütze. Für den Artenschutz und zur Anpassung an Klimafolgen sei somit eine weitgehende Renaturierung der Fließgewässer unerlässlich.
„Die Grünen im HSK begrüßen deshalb grundsätzlich den EEG Entwurf, der die Förderung für den Bau und die Modernisierung von Kleinwasserkraftanlagen bis 500 Kilowatt stoppt, plädieren aber für eine Einzelfallbetrachtung. An Stellen wo Wasserkraftwerke mit Förderung fisch- und fließgewässerfreundlich modernisiert werden können, sollten sie erhalten bleiben, wo dies nicht der Fall ist (zum Beispiel aufgrund zu geringer Größe), sollten sie rückgebaut werden. Die Alternative zur klimaneutralen Stromerzeugung liegt im Ausbau von Solar- und Windenergie“, so Stefan Slembrouck.
Martin Reuther, Pressesprecher vom Hochsauerlandkreis, erklärt, dass die Auflagen für das Errichten, Betreiben sowie Modernisieren von Wasserkraftanlagen sehr umfangreich sind. Das pauschale Streichen der EEG-Umlage sei nicht zielführend, durch den Wegfall der EEG-Umlage müssten Anlagen aufgegeben werden oder die Vermarktung würde sich Richtung Direktvermarktung verschieben. „Änderungen und Neubau sind derzeit nur unter hohen wasserwirtschaftlichen Standards möglich. Notwendige und wünschenswerte Modernisierungen, beispielsweise der Austausch alter Turbinen durch neue, gewässerverträglichere Turbinen, können durch den Wegfall ins ,Leere’ laufen. Unter Gewässergesichtspunkten und Energiegesichtspunkten ist durch den pauschalen Wegfall nichts gewonnen.“
Klimaaktivist Roman Tobias Kalkreuth aus Arnsberg sagt klar: „Der umstrittene Stellenwert der kleinen Wasserkraftwerke hat aufgrund des Ukrainekrieges an Komplexität gewonnen. Die Stromversorgung ist wichtiger geworden, deshalb sind derzeit Einzelfallentscheidungen und mehr Flexibilität gefordert.“ Generell sei aber das Mittel der Wahl der Ausbau von Windkraftkraftanlagen, Solarparks und Photovoltaikanlagen, da die Umweltschäden durch Wasserkraftwerke unverhältnismäßig höher seien als bei anderen Energiesystemen.
Auch der Europaabgeordnete Dr. Peter Liese bezog klar Stellung: „Wasserkraft sollte weiter genutzt werden. In Berlin hat sich der Naturschutz durchgesetzt. Die Entscheidung ist falsch, wir brauchen alle Erneuerbaren Energien und sollten Wasserkraft darum in die Energiewende mit einbeziehen.“