Philipp hofft, dass Henry und Sofie nicht zu viel mitbekommen haben. Sie haben gesehen, dass ihre Mama umgekippt ist, sind von Papa direkt ins Kinderzimmer geschickt worden. Doch das Zimmer liegt nah an der Küche, sie haben gehört, was gesprochen wurde, haben wohl die verzweifelten Versuche ihres Papas gehört, Mama wiederzubeleben. Zweimal muss Henry herunterkommen, einmal ist der Akku des Telefons leer, an dem Papa mit dem Rettungsdienst spricht, einmal macht er dem Rettungsdienst die Tür auf.
Ich weiß nicht, was ich getan hätte, hätte ich nicht an unsere Kinder gedacht.
Philipp lebt ab sofort vier Tage lang wie in einem Film. Er befürchtet, nie wieder mit seiner Frau sprechen zu können. Und wenn sie doch überlebt, das Wunder schafft, dann wird sie ein Pflegefall werden, so kreisen seine Gedanken. „Ich weiß nicht, was ich getan hätte, hätte ich nicht an unsere Kinder gedacht.“
Katharina hört den Erzählungen ihres Mannes zu. Ein bisschen abwesend – ist das wirklich ihr passiert? Sie erinnert sich an nichts, fünf Tage sind komplett aus ihrem Gedächtnis gestrichen. Der Sonntag vor ihrem Zusammenbruch bis zum Donnerstag, als sie aus dem künstlichen Koma aufgeweckt worden ist, existieren nicht mehr in ihrem Kopf. „Es ist unwirklich, das alles zu hören“, erzählt sie. Drei Tage lang weiß das Ärzteteam nicht, ob die junge Mutter überlebt. Am Donnerstag war Katharina soweit wach, dass das Team ihre Hirnaktivität messen kann. Das Ergebnis: hervorragend. Katharina hat nicht nur überlebt, sie wird wohl auch keine bleibenden Schäden davontragen. Ein Wunder. Aufatmen bei ihren Lieben, unendliche Erleichterung.
Katharina wählt ihre Worte mit Bedacht. „Dass so viele Personen gerührt waren, weil ich wieder bei ihnen bin, hat mich unglaublich berührt und bewegt“, sagt sie. „Seitdem ich aus dem Koma aufgewacht bin, geht es mir ganz gut.“ Sie kann normal essen, normal trinken, lebt ein bisschen bewusster als zuvor. Gewöhnen muss sich Katharina an den Fremdkörper an ihrem Herzen, eine Art Defibrillator, der ihr eingesetzt wurde.
Ein High-Tech-Gerät, das unter anderem ihren Herzschlag kontrolliert. Für den sie sehr dankbar ist, den sie aber noch nicht als Teil ihres Körpers annehmen kann. „Doch er gibt mir und zuallererst Philipp Sicherheit, dass mit meinem Herzen alles in Ordnung ist.“ Die Ursache für das Kammerflimmern kennt Katharina noch nicht.
Ich habe vorher nichts bemerkt – das heißt: Es kann jeden treffen. Auch junge, gesunde Menschen.
Ab Montag beginnt die Diagnostik an der Klinik in Unna. „Um mich mache ich mir keine Sorgen, ich bin durch den Defi sicher. Um meine Lieben dafür umso mehr“, so Katharina und hat insbesondere ihre Kinder und ihren Mann vor Augen. „Ich habe vorher nichts bemerkt – das heißt: Es kann jeden treffen. Auch junge, gesunde Menschen“, so die 37-Jährige. Gemeinsam mit dem gemeinnützigen Verein Lächelwerk aus Schmallenberg möchte Familie Bette daher den Blick der Öffentlichkeit auf das so wichtige Thema Laienreanimation lenken.
Das Lächelwerk-Team begleitet Familie Bette schon lange, die Familie selbst setzt sich ehrenamtlich für den Verein ein. Auch in dieser belastenden Situation steht das Team der Familie mit Rat und Tat zur Seite, hilft mit, dass die Kinder keinen Schaden nehmen, kümmerte sich während Katharinas Zusammenbruch, dem Krankenhausaufenthalt und auch in der Nachsorge psychologisch um die Familie, lässt sie nicht allein.
Und weiter: Lächelwerk hat einen Defibrillator für Obervalme finanziert, ein Gerät, mit dem das Leben von Kindern und Erwachsenen gerettet werden kann. Damit so viele Personen wie möglich lernen, mit dem Defibrillator umzugehen, lädt das Team gemeinsam mit Kursleiter Jens Schilling für Donnerstag, 9. Februar, um 18.30 Uhr in den Landgasthof Rüppel in Obervalme ein. Alle Interessierten sind willkommen.
Gerade in kleinen, etwas abseits gelegenen Orten kann es länger dauern, bis der Rettungsdienst vor Ort ist.
„Gerade in kleinen, etwas abseits gelegenen Orten kann es länger dauern, bis der Rettungsdienst vor Ort ist“, so das Lächelwerk-Team. „Philipp hatte die Kraft, seine Frau 24 Minuten lang zu reanimieren. Doch was ist mit Personen, die das nicht können? Für sie ist ein Defibrillator oft die einzige Möglichkeit, eine Person wieder ins Leben zurück zu holen.“ Das Netzwerk müsse dringend weiter ausgebaut werden. Dorfgemeinschaften können sich gern unter info@laechelwerk.de für weitere Infos sowie gemeinsame Kurse und Veranstaltungen melden.
„So sollen alle Bürgerinnen und Bürger in unseren Dörfern bei einem Notfall, der sowieso schon überaus belastend ist, Sicherheit erhalten. Die Möglichkeit erhalten, ein Leben zu retten. Aus der eigenen Familie, aus der Nachbarschaft, von Menschen in Not.“