Das ganze Untergeschoss des Hauses hatte bis zu 70 Zentimeter tief unter Wasser gestanden. Dabei wurden alle Möbel – darunter auch einige antike Schätzchen – Parkettböden, Küche, Elektrogeräte sowie viele Gegenstände mit reichlich emotionalem Wert zerstört. „Sechs Container voll mussten wir entsorgen. Da schmeißt man gleich auch einiges an wertvollen Erinnerungen mit weg“, erinnert sich die 17-jährige Tochter Nathaly mit Schrecken an die Tage nach der Katastrophe zurück. In allen Räumen musste danach der durchnässte Putz von den Wänden gestemmt, Fliesen und Böden herausgerissen werden. Nun liegt die alte Fachwerkkonstruktion immer noch brach, Stromkabel und Leitungen aus Anno dazumal baumeln von den Wänden und Decken.
Doch von Resignation ist bei den Severins trotz allem wenig zu spüren: „Es ist unser Zuhause. Egal, wie problematisch es wird. Egal, wie lange es dauern wird. Wir richten das wieder her. Erst, wenn wir wieder eingezogen sein werden, finden wir Ruhe und können unseren Kindern diese Sicherheit geben, die ein gewohntes Zuhause ausstrahlt“, gibt sich Mutter Sandra Severin kämpferisch. Erst Anfang Dezember konnten sie überhaupt erst wieder in das Haus mit langer Bäckerfamilien-Tradition zurückziehen. Allerdings zunächst nur in die anliegende, ehemalige Mietwohnung, die nun frei wurde.
Zuvor hatte das Ehepaar mit seinen Kindern eine wahre Umzugs-Odyssee durchleben müssen. Während Oma und Opa Severin eine vorübergehende Bleibe in einer Ferienwohnung in Langscheid gefunden hatten, in der sie bis heute noch wohnen, kamen sie selbst für fünf Monate im Gebäude des Landessportbundes in ihrem Heimatort unter, nachdem sie in den ersten Tagen nach dem Hochwasser getrennt voneinander mal hier und mal dort übernachten konnten. „Ein Glücksfall für uns. Dafür sind wir sehr dankbar. Suchen sie mal mit so vielen Personen eine Wohnung, wenn man quasi obdachlos ist“, so die 52-Jährige, die aber auch die jetzige Wohnsituation nur als Notlösung sieht: „Es ist zwar das gleiche Haus, aber nicht das Zuhause. Doch wenigstens schläft man wieder ruhiger und besser.“
Äußerst dankbar sei man den vielen Helfern, die der Familie in ihrer Not mit kräftigem Anpacken und finanziellen Hilfen unter die Arme gegriffen hätten. Für das Allernötigste an Mobiliar und Elektrogeräten seien vom Staat 3.500 Euro an Soforthilfe sowie 5.000 Euro aus Spendengeldern durch die Caritas gezahlt worden.
Jetzt warte man geduldig darauf, dass die Agentur der Elementarversicherung grünes Licht gibt und die ersten Handwerker mit den Sanierungsarbeiten beginnen können. Aufgrund der hohen Auflagen durch das Denkmalschutzamt in Münster müsse dies aber zudem mit großer Sorgfalt und mit strengem Blick auf die Details geschehen: „Daher sind wir sehr froh, dass wir eine tolle Mitarbeiterin vom Denkmalschutz und einen prima Architekten haben, die gut zusammenarbeiten“, äußert sich die Freie Handelsvertreterin zuversichtlich, aber auch bewusst darüber, dass das Ganze nicht in ein paar Wochen erledigt sein wird.
Selbstverständlich hätte man ständig die Gedanken im Kopf, dass solch ein Hochwasser wieder passieren und das Gebäude, das direkt in einer kleinen Senke an der Röhr gelegen ist, erneut treffen könne. Doch die Familie hätte letztendlich entschieden, dieses Risiko in Kauf zu nehmen: „Wir sind der Hoffnung, dass es so heftig wohl lange erst einmal nicht mehr werden wird. Die Stadt Sundern kann und muss hier entlang der Röhr durch Hachen tätig werden und mit gezielten Maßnahmen zusätzlich die Gefahr minimieren“, so der Familienvater. Darüber hinaus sei es wichtig, das traditionsreiche Haus im Familienbesitz zu halten und seinen Kindern einmal weiter zu vererben.
Die große Hoffnung sei es nun, das nächste Weihnachtsfest wieder gemeinsam im vertrauten Heim feiern zu können: „Das ist noch eine lange Zeit bis dahin. Aber wir denken, dass wir dies nun auch noch hinter uns bekommen. Ein besonderer Ansporn ist zudem der Gedanke, dass auch meine Eltern eines Tages hoffentlich wieder in ihr ehrwürdiges Heim zurückkommen können.“