So reifte in ihr eine Entscheidung, die sie ihrem Vater an seinem 50. Geburtstag auf besondere Weise mitteilte: „Ich habe ihm ein T-Shirt gestalten lassen, mit unserem Firmenlogo, statt A. Weitkamp nun A. + L. Weitkamp und viel femininer. Auf der Rückseite stand dann ‘Papa ich mach’s’. Erst hat er es gar nicht verstanden, aber dann war die Freude riesengroß. Auch dass es mit der Firma dann weitergeht, denn drängen wollte er uns nie in den Beruf.“ So stieg mit Lia Weitkamp also die vierte Generation in den Familienbetrieb mit ein, die Ausbildung startete im August.
Durch ihr Abitur konnte sie direkt im zweiten Ausbildungsjahr anfangen. „Anfangs war es etwas schwierig, weil die anderen ja schon die Grundausbildung hatten. Die Praxis war für mich da schon eine Herausforderung, aber da habe ich auch gemerkt, dass ich sehr ehrgeizig wurde. Ich möchte ja, dass mein Papa auch zufrieden ist.“ Nach der bestandenen Gesellenprüfung und Freisprechung stand für Lia Weitkamp schnell fest, dass sie auch die Meisterprüfung ablegen möchte. Den Ausbilderschein und den kaufmännischen Teil hat sie inzwischen bereits in der Tasche, derzeit stehen Theorie und Praxis auf dem Programm, die Abschlussprüfungen sind im April 2023.
Doch damit nicht genug: Parallel zur Meisterschule standen nun auch die Leistungswettbewerbe an. Nach Kammer- und NRW-Ebene ging es für Lia Weitkamp schließlich in der vergangenen Woche nach Nürnberg zum Bundeswettbewerb. „Es war schon sehr stressig, man merkte direkt, dass da die 15 Besten der Besten antraten und viel erwartet wurde.“ In eineinhalb Tagen mussten fünf Wände mit verschiedenen Aufgaben gestaltet werden – darunter Tapezierarbeiten, eine Tür lackieren oder auch eine freie Gestaltung mit einem eigenen motiv zum Thema „Euroskills 2023 in Danzig“ (Europameisterschaft der Berufe). Die Übungen dafür schmücken derzeit übrigens auch eine Küchen- und eine Esszimmerwand im Hause Weitkamp.
Am Ende kam Lia Weitkamp auf den vierten Platz: „Es hat leider nicht für das Treppchen gereicht, mein größter Schwachpunkt war die Zeit. Aber ich weiß, dass ich für mich das Beste gegeben habe und auch die Prüfer haben gesagt, wichtiger ist ihnen, das was wir machen, perfekt zu machen, als zu schnell und dann unsauber zu werden. Ich hätte gerne noch mehr gezeigt, aber ich bin schon froh und stolz, dass ich überhaupt so weit gekommen bin. Es war toll, die anderen Teilnehmer kennenzulernen und sich über die Lehre und den Beruf auszutauschen.“
Diese Erlebnisse und Fertigkeiten möchte sie künftig auch in ihre Arbeit im elterlichen Betrieb einbringen. „Die Zusammenarbeit mit meinem Papa klappt gut. Er hat viel Erfahrung und ich bringe ein bisschen moderne Ideen auch mit ein, er lässt mir da viel Freiraum.“ Hätte es Corona nicht gegeben, würde sie heute nicht dort stehen, ist sich Lia Weitkamp sicher: „Man kann schon sagen, in unserer Familie und für unseren Betrieb war Corona ein Glücksfall. Mein Opa und mein Papa sind froh dass es weitergeht mit dem Betrieb und ich bin froh, dass ich meine Leidenschaft gefunden habe.“ Und so rät sie auch anderen, sich einfach mal im Handwerk auszuprobieren und reinzuschnuppern. „Vielleicht ist ja dann auch der Traumberuf dabei.“