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Syrische Flüchtlinge sprechen über die Ängste der Einheimischen

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Von: Wilhelm Figge

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Lernen zusammen mit Flüchtlingen aus Nahost, Afrika und Pakistan Deutsch: Yousef Alsaad (l.) und Muhammed Marai. © Wilhelm Figge

Willingen. Nicht immer sind Begegnungen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen einfach, berichten Yousef Alsaad und Muhammed Marai: Die in Willingen lebenden Syrer berichten im Interview von Ängsten und davon, wie sie mit ihnen umgehen.

Was glauben Sie, was die Willinger über Sie denken? 

Yousef Alsaad: Die Leute in Willingen sind sehr nett. Aber sie haben noch ein bisschen Angst – Angst vor uns, weil wir Araber sind. Das sehen wir in ihren Augen. Wir fallen mehr auf, wenn wir durch die Straßen gehen.

Woran erkennen Sie, dass die Menschen Angst haben? 

Alsaad: Ich habe ein Beispiel: Ich und meine Freunde Muhammed und Hassan gehen außerhalb Willingens spazieren. Dabei kommen uns zwei Frauen entgegen. 

Muhammed Marai: Die gehen da auch spazieren. 

Alsaad: Genau. Eine von ihnen sieht uns und hat wohl sehr viel Angst. Sie hebt einen Stein auf und läuft sehr schnell weiter. Wir gehen normal an ihnen vorbei und sehen sie gar nicht an. Wir gehen sehr schnell weiter. Oder, wenn wir an der Briloner Straße entlang gehen: Da sind sehr viele Leute, die ängstlich gucken, wenn sie uns sehen. Sie fragen sich wohl, warum wir hier sind.

Was versuchen Sie in solchen Situationen zu tun? 

Alsaad: Wir sehen woanders hin und laufen sehr schnell. Wenn die Leute Angst haben, werden wir auch ängstlich – vielleicht bekommen wir ja ein Problem mit ihnen. Also gehen wir. Oder bleiben zu Hause.

Was glauben Sie, wieso haben die Leute Angst? 

Alsaad: Ich glaube, weil wir Muslime sind. Aber nicht alle Muslime sind der „Islamische Staat“. Wir sind normale Menschen. Nach Deutschland zu kommen, war sehr schwer und hat sehr lange gedauert. Wir kommen hierher, weil wir ein neues Leben möchten. Unsere Heimatstadt Damaskus ist sehr kaputt, es gibt keine Arbeit und kein gutes Leben. Wir wollen hier keine Probleme machen. Aber die Leute haben viel Angst. Ich weiß nicht, was wir da machen können. Der Islam sagt uns, das wir uns so nicht verhalten sollen. Der Islam sagt, du musst ein gutes Leben führen – nicht Probleme machen. Wir sind normale Leute.

Warum haben Sie ihre Heimat verlassen? 

Alsaad: Die Wohnung von mir und meiner Familie wurde zerstört. Wir haben eine neue gesucht, aber da gab es viele Banden, den Islamischen Staat und andere Gruppen. Die muss man bezahlen, damit sie einen in Ruhe lassen. Essen zu kaufen wurde schwierig. Ich muss in Deutschland arbeiten, damit meine Familie in Syrien leben kann – ich habe sieben Monate Arbeit in Syrien gesucht und nicht gefunden. Ich musste also in ein anderes Land. Ich habe es in der Türkei versucht, aber da wird uns nicht geholfen. Aber in Deutschland helfen uns alle, die Leute sind sehr nett.

Herr Marai, wieso sind sie geflohen? 

Marai: Ich wohnte mit meiner Familie in Syrien. Ich hatte mein Abitur geschafft und wollte an die Universität gehen, aber das war sehr schwer in Damaskus, weil es so viele Banden gibt. Ich konnte nicht in Syrien bleiben: Ich sollte zur Armee gehen, wie alle Jungen über 18 Jahren. Ich wollte aber nicht zum Militär und jemandem Probleme machen. Also bin ich mit meiner Familie nach Deutschland geflohen.

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