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Usselner Schneiderin fertigt Kleidung für New Yorker Oper

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Von: Wilhelm Figge

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Nach dem „Fliegenden Holländer“ will Ute Schlenger bald am nächsten Stück für die Met mitwirken: Erste Arbeitsproben für „Aida“ liegen vor.
Nach dem „Fliegenden Holländer“ will Ute Schlenger bald am nächsten Stück für die Met mitwirken: Erste Arbeitsproben für „Aida“ liegen vor. © Wilhelm Figge

Stoff wird in der Usselner Schneiderwerkstatt zu Kostümen für eine der bekanntesten Bühnen der Welt: die Metropolitan Opera in New York.

Wenn Ute Schlenger am Samstagabend ins Kino geht, wird sie ihre eigene Arbeit erblicken: 66 Blusen für den Chor der Oper „Der Fliegende Holländer“ sind in der Werkstatt der Usselner Schneidermeisterin entstanden. Schon lange unterstützt sie ihre frühere Chefin Angelika Nowotny aus Düsseldorf dabei, Produktionen in aller Welt auszustatten – so auch Aufführungen in der Metropolitan Opera in New York, kurz Met.

Ute Schlenger ist für solche Projekte eine von mehreren „Außenstellen“, erklärt sie. An verschiedenen Standorten hochwertige Bühnenkleidung für dutzende Darsteller zu schaffen, sei eine logistische Herausforderung. „Eine Schwierigkeit ist, dass niemand zum Messen hier ist“, erläutert sie. Also gewann sie zehn Bekannte mit unterschiedlichem Körperbau als „Anproben-Models“.

Um bei hohen Stückzahlen jedem Aspekt der Blusen im Stil der Gründerzeit gerecht zu werden, bekam jede Mitarbeiterin der Schneiderei ein Spezialgebiet und die Aufsicht etwa über Krägen, Ärmel oder Manschetten. Mit der Schneidermeisterin arbeiten je eine Gesellin in Vollzeit und Teilzeit sowie drei Auszubildende - zuletzt hatten Mitarbeiterinnen einen Digitalisierungs-Preis gewonnen. Von März bis Mitte Juni erledigten sie die Arbeiten für den „Fliegenden Holländer, 1150 Stunden brauchten sie – die Vorbereitungen für das Schützenfest liefen da schon. „Nachher habe ich mich gefragt, wie wir das geschafft haben“, sagt sie.

Die in der Usseln Schneiderwerkstatt produzierten Blusen brachte Angelika Nowotny in Düsseldorf mit Röcken, Miedern und Schürzen zusammen – um die Optik des Chors im Stil von Arbeiterinnen des 19. Jahrhunderts zu vollenden, verpassten ihnen die Bavaria-Filmstudios „Gebrauchsspuren“. 

Jede Naht habe sie kontrolliert, jede Linie, berichtet Ute Schlenger über ihre frühere Chefin: „Das sind nachher echt Kunstwerke.“ Nicht umsonst werde Angelika Nowotny in aller Welt nachgefragt. Und obwohl die Kleidung ohne direktes Maßnahmen in der Ferne gefertigt wurde, musste das Team der Oper kaum noch etwas ändern.

An rund zwei Produktionen im Jahr wirkt Ute Schlenger mit – und die nächste steht schon in den Startlöchern: Verdis „Aida“, wieder für die Met. Im „Liebe-Lachen-Leben“ in Usseln sollen wieder Teilarbeiten erledigt werden, es geht um samtene Priesterroben, mit vielen komplex zu verarbeitenden Riemen. Ute Schlenger ist schon gespannt.

Denn so anspruchsvoll die Arbeit sei, so speziell und schön sei sie auch: „Häufig sind es historische Sachen, mit ganz anderer Schnittführung und Proportionen“, erklärt Ute Schlenger. Sie komme mit Material in Kontakt, das im Alltag sonst kaum vorkomme, etwa Samt und Metalic-Streifen. Kleidung für die Bühne muss dafür geeignet sein, dass Schauspieler sich schnell umziehen, sie muss leicht zu ändern sein – und dennoch soll sie die Optik hoher Schneiderkunst bieten. Und das alles mit einer gewissen Robustheit, so das sie bei energetischen Darstellungen nicht reißt, und auch längere Touren übersteht.

Erst einmal konnte sie ihre Werke auf der Bühne sehen – wenn die Vorstellung aus der Met am Samstag um 18 Uhr im Korbacher Kino gezeigt wird, schauen sich Schneidermeisterin, Mitarbeiterinnen und Modelle gemeinsam an, was sie da geschaffen haben.

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