Das Statistische Landesamt meldet für die Zeit Januar bis Juni 162.721 Gäste und 441.769 Übernachtungen. Damit hat Willingen laut Tourist-Info das Vorkrisenniveau von 2019 noch nicht wieder erreicht, ist aber auf einem sehr guten Weg. Das sei zu Jahresbeginn nicht abzusehen gewesen. Im ersten Quartal lag Willingen noch 28 Prozent unter dem Niveau von 2019. Kein Wunder: Großveranstaltungen ohne Zuschauer, zum Beispiel der Skisprung-Weltcup, hatten erheblichen Anteil an dieser Entwicklung. Vor allem im April und Mai ging es dann merklich aufwärts. Der Juni setzte den Positivtrend in Willingen fort.
Das Konsumverhalten habe sich geändert, bestätigen viele Branchen – auch im Urlaub. Gespart werde bisher vorwiegend an den hochpreisigen Angeboten. „Menschen bereiten sich jetzt schon auf den teuren und wirtschaftlich unsicheren Winter vor und verzichten dann oftmals auf das Ausgehen und das Essen im Restaurant. Einige kaufen sich ihre Verpflegung auch im Supermarkt“, so Tourismusdirektor Norbert Lopatta. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach vergünstigten Angeboten stärker geworden. Beispielsweise nutzten viele Inhaber von Meine-Card-Plus, dem Freizeit-all-Inklusive-Angebot der GrimmHeimat Nordhessen, das integrierte Angebot der Ettelsberg Seilbahn. Gestiegen sei auch die Zahl der verkauften Familientickets im Bikepark. Das 9-Euro-Ticket dagegen hatte nach Erfahrungen der Anbieter von Freizeiteinrichtungen keine spürbaren Auswirkungen; Veranstalter großer Events dagegen profitierten durchaus von Gästen, die den vergünstigten Anreiseweg nutzten.
Ohne Zweifel: Das Chaos an den Flughäfen mit ausgefallenen Ferienfliegern hat auch dazu beigetragen, dass die Menschen lieber Urlaub vor der Haustür gemacht haben. „Wer bis Juni noch nicht gebucht hatte, hat sich vielfach für einen Urlaub in der näheren Umgebung entschieden“, unterstreicht Lapotta.
Ähnlich gut haben sich im ersten Halbjahr die Zahlen der Tagesgäste entwickelt, die allerdings nicht durch Statistiken erfasst werden. Der Besuch von Freizeitanlagen ist ein guter Indikator. Nach einem guten April und dem Bike Festival im Mai als Zuschauermagnet sei die Besucherzahl etwas zurückgegangen, hat beispielsweise die Ettelsberg-Seilbahngesellschaft registriert. Gleichwohl konnte man bei schönem Wetter stets gut gefüllte Wander- und Radwege in Willingen beobachten.
Bei wie vielen Gästen landet Willingen am Ende des Jahres? In guten Jahren registrierte man mehr als eine Million Übernachtungen. Dies war in den Jahren 2016 bis 2019 der Fall. Ob es auch dieses Jahr klappt? Die Entwicklung der Pandemie, die Inflation und die sprunghaft gestiegenen Energiekosten werden ein Faktor sein. Neben den Unsicherheiten, die im Herbst und Winter auf die Urlauber zukommen, sehen die Touristiker in Willingen aber auch erhebliche Chancen. Kurze Anfahrtswege, deutlich steigende Preise bei den Pauschalreisen ins Ausland und extrem hohe Preisanstiege im Energiebereich machen den „Urlaub um die Ecke“ aus ihrer Sicht wieder attraktiver. Darauf stellt sich der Tourismus ein. Hinzu kommen neue Attraktionen: Wenn alles nach Plan läuft, wird im Spätherbst und frühen Winter die Skywalk-Hängebrücke eröffnet. Am Ritzhagen plant die Familie Rummel 2023 in weitere attraktive Freizeitanlagen zu investieren. Die Sechser-Sesselbahn soll dann auch im Sommer in Betrieb gehen. Entstehen sollen eine Mountaincart-Bahn und ein Familien-Erlebnisweg. Das neue Lagunen-Erlebnisbad soll im Winter 2023 fertig sein. Ein Erfolgsmodell ist bereits der Trekkingpark Sauerland. Er bietet ein Mikroabenteuer, das den Willingen-Urlaub aufwertet: Gäste buchen ein paar Übernachtungen im Hotel und eine Nacht im Wald ist dann das „Sahnehäubchen“.