Vom Prestigeobjekt zum Problemfall
Die Darstellung der Situation seitens der aquasphere Winterberg GmbH wies die Stadt Winterberg auf der eigens anberaumten Pressekonferenz mit aller Vehemenz zurück. Sie versuchte unterdessen, ihre Sicht der Dinge klarzustellen.
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Von Lars Lenneper
Dabei geht es insbesondere um den Vorwurf, der Insolvenzantrag sei vorher mit niemandem aus dem Gesellschafterkreis abgestimmt worden. Es sei sogar der damalige Geschäftsführer der Vital Resort Winterberg GmbH, Bernd Rüdiger, selbst gewesen, der am 21. Dezember 2012 seinen Rücktritt per E-Mail angekündigt und erstmals von einer drohenden Insolvenz gesprochen habe, erklärte Bürgermeister Werner Eickler. Daraufhin habe man seitens der Stadt über die Feiertage die Situation analysiert und Anfang dieses Jahres auch selbst die Bücher prüfen lassen, um über ein angemessenes weiteres Vorgehen zu beraten. Da man in den folgenden Gesprächen und Verhandlungsrunden keine zufriedenstellende Einigung erzielen konnte, stellte die Winterberg Wirtschaft und Touristik GmbH am 1. März als Gesellschafterin eben jenen Insolvenzantrag über das Vermögen der Badbetreiberin Vital Resort Winterberg GmbH beim Amtsgericht Kempten. Zuvor habe man, wie die Stadt betont und somit der Darstellung der aquasphere Winterberg GmbH widerspricht, den seinerzeitigen Geschäftsführer der aquasphere Winterberg GmbH, Wolfram Wäscher, sowie den Geschäftsführer der Oversum Hotel GmbH, Gerhard Huber, über diesen Schritt informiert. Huber habe sich dann dem Antrag angeschlossen.
Über die Gründe für diese Eskalation der Situation sind sich die aquasphere Winterberg GmbH als Objekt-Eigentümerin und die Stadt ebenso uneinig wie über die Lösungsansätze.
Für aquasphere-Berater Thomas Krall, der die „operativen Schwierigkeiten“ offen einräumt, liegt ein wesentlicher Schwerpunkt bereits in einer konzeptionellen Fehlplanung beim Entwurf des Badbereiches im Oversum-Komplex. „Die Konzeption als Sportbad war aus meiner Sicht von vorneherein falsch“. Man habe bei der Projektentwicklung ausdrücklich dem Wunsch der Stadt entsprochen, das Bad als Sportbad anzulegen. Überhaupt, so betont Krall immer wieder, seien die gesamten Businesspläne für alle Bereiche gemeinsam mit der Stadt erstellt und aktualisiert worden. „Die Stadt hat bekommen, was sie wollte“, so sein Urteil.
Attraktivierung des Sportbades gefordert
Während der gesamte Hotelbereich eine „exzellente Resonanz“ erfahre, seien nicht nur im angesprochenen Bad-, sondern vor allem auch im Fitnessbereich aufgrund des starken Wettbewerbs in der Region Probleme aufgetreten, die aber aus Kralls Sicht alle behebbar seien. Von baulichen und konzeptionellen Mängeln ist die Rede, die bis 2014 gelöst werden könnten. Aus diesem Grund habe man die Stadt Winterberg um finanzielle Unterstützung gebeten, um eine wirtschaftliche Überbrückung für die nächsten Monate zu schaffen. „Das Gesamtprojekt steht und fällt mit der Attraktivierung des Sportbades“, verdeutlichte Thomas Krall. Sollte die Badbetreiberin tatsächlich in Insolvenz gehen, sei das Gesamtprojekt mit Hotel und Tagungsräumen stark gefährdet. Eine vorübergehende Schließung des Bades sei mittlerweile zudem sehr wahrscheinlich.
Eben dieser Bitte um finanzielle Unterstützung will die Stadt Winterberg unter den derzeitigen Bedingungen nicht nachkommen. Dafür geben die Verantwortlichen mehrere Beweggründe an.
Zum einen sei man enttäuscht davon, dass sich die Objekt-Eigentümerin wiederholt nicht an gemeinsam formulierte Ziele gehalten habe. So habe man ursprünglich Synergieeffekte zwischen den Bereichen Wellness, Bad, Sauna und Fitness auf der einen, und dem Hotel auf der anderen Seite vertraglich vereinbart. Das heißt, das beispielsweise im Hotelbereich erzielte Gewinne dem defizitären Badbereich zugute hätten kommen müssen. „Die erzielten Überschüsse müssen im Projekt bleiben“, verdeutlicht Werner Eickler. Auch Versprechungen, um öffentlich bekannte Defizite wie das Fehlen einer Treppe zum problemlosen Ausstieg aus dem Wasser oder die Inbetriebnahme einer Außensauna zu beheben, seien seitens der aquasphere Winterberg GmbH bis heute ausgeblieben, beklagt die Stadt.
Zudem könne man auf die Bitte der Objekt-Eigentümerin nach einer wirtschaftlichen Überbrückung alleine aus rechtlichen Gründen gar nicht eingehen, so Rechtsanwalt Dr. Hans-Joachim David, der die Belange der Stadt Winterberg in dieser Sache vertritt. Ein derartiger Überbrückungskredit könne nicht gewährleistet werden, wenn nicht ein nachhaltiger Gewinn in Aussicht gestellt werden kann. Ansonsten laufe man Gefahr, sich wegen möglicher Insolvenzverschleppung strafbar zu machen. Nachhaltiger Gewinn sei gemäß Dr. David aber nur dann möglich, wenn die Struktur auf Betreiberseite geändert werde.
„Rosinenpickerei“ seitens des Betreibers
Es müsse sichergestellt werden, dass die Gewinne aus dem Hotelbetrieb in angemessener Weise in den Betrieb des naturgemäß defizitären Sauna-, Wellness- und Badbereichs fließen; jedenfalls in dem Umfang, der der Nutzung dieses Bereichs durch Hotelgäste entspricht. Bisher habe, so der Rechtsanwalt wörtlich, die Betreiberseite „Rosinenpickerei“ betrieben. Man habe die Gewinne aus dem Hotelbereich eingestrichen und die Defizite im anderen Bereich auflaufen lassen und insbesondere dort nicht die notwendigen Maßnahmen zur Mängelbeseitigung und Wartung der Technik durchgeführt. Es sei in keiner Phase ein annehmbares Angebot der Betreiber- beziehungsweise Eigentümerseite über die notwendige Umstrukturierung gemacht worden. Die Betreiber- beziehungsweise Eigentümerseite selbst habe eine eigene „Geldspritze“ in den Verhandlungen mit der Stadt immer abgelehnt, betont Dr. David.
Um fehlendes Geld geht es auch bei einer Forderung der Urbana Energietechnik AG & Co. KG aus Hamburg, die den Oversum-Komplex mit Wärme beliefert. Sie hat die aquasphere Winterberg GmbH ganz aktuell wegen erheblicher Zahlungsrückstände für die Wärmelieferung angemahnt. Sollte die Begleichung der ausstehende Summe nicht erfolgen, werde die Wärmelieferung für das Oversum möglicherweise zum 28. März hin eingestellt.
Ausstehende Zahlungen, nicht eingehaltene Abmachungen, konträre Aussagen – wie geht es nun weiter? Auch wenn die Stadt Winterberg durch Bürgermeister Eickler betont, „den Verhandlungstisch nie verlassen zu haben“, ist eine einvernehmliche Lösung zurzeit nur sehr schwer vorstellbar. Die Stadt habe Rahmenbedingungen finanzieller Art geschaffen und warte nun auf eine Antwort seitens der Objekt-Eigentümerin, so Eickler, der die grundsätzliche Betriebsphilosophie des Oversums, das heißt unter anderem, dass Hotelüberschüsse zur Stärkung des defizitären Sportbades eingesetzt werden, als nicht gelebt betrachtet.
Selbst einer Insolvenz der Badbetreiberin Vital Resort Winterberg GmbH sieht die Stadt relativ gelassen entgegen, da man sich rechtzeitig vertragliche Sicherungsmaßnahmen hat zuschreiben lassen. „Eine Insolvenz wäre kein Super-GAU für uns“, bestätigte Michael Beckmann mit Nachdruck. Durch den Heimfall des Erbbaurechtes erhalte die Stadt – „entschädigungslos“, wie Rechtsanwalt Dr. David betont – die Bereiche Bad, Fitness, Sauna, WTW sowie das MVZ als Eigentum zurück. Voraussetzung dafür sei, dass das Bad acht Wochen lang nicht durch die aquasphere Winterberg GmbH betrieben werden dürfe, erklärte Dr. David. Eine mögliche vorübergehende Schließung müsse man in Kauf nehmen, sagte auch Michael Beckmann, um am langen Ende wieder „Herr im eigenen Haus“ zu sein.
Ob es noch eine andere Lösung gibt oder das Problem tatsächlich ausgesessen wird, werden die nächsten Wochen zeigen.