Ohne Handy, Tablet und Fernsehen: So leben die „Bushcraft-Freunde“

Die „Bushcraft-Freunde“ leben während ihrer Treffen komplett im Einklang mit der Natur, schlafen im Freien und nutzen die Rahmenbedingungen sowie Ressourcen der Umwelt. Wir haben sie begleitet.
Siedlinghausen – Der Wind weht durch die Baumwipfel, ein paar letzte Tropfen vom Morgentau fallen von den Blättern auf den noch feuchten Waldboden und ein leichtes Frösteln auf der Haut ist zu spüren. In der Ferne lässt sich ein kaum wahrnehmbares Zirpen erahnen, dazu das Knacken von kleinen Hölzern, die gespalten werden. Es ist früh am Morgen und die Natur wirkt noch etwas verschlafen, obwohl die ersten Sonnenstrahlen wie ein helles Licht am Firmament tanzen.
Im Camp der „Bushcraft-Freunde“ an der SGV-Hütte in Winterberg-Siedlinghausen erwacht das Leben. Vereinzelt werden Zelttüren aufgeschlagen, leicht verschlafene Gesichter blicken in den Himmel und das erste Murmeln gedämpfter Stimmen ist zu vernehmen.
Der Start in den Tag
Uwe Diedenhoven, der bereits vor acht Jahren die Briloner Gruppe „Bushcraft und Survival Freunde Sauerland“ gegründet hat, bereitet das Lagerfeuer vor, um den Tag ganz traditionell zu beginnen. Für ihn bedeutet das morgendliche Ritual direkt nach dem Aufstehen: Holz in ganz kleine Stückchen zu spalten, um anschließend mit dem Feuerstahl die Flamme zu entfachen. Eben so, wie es einst seine Vorfahren gemacht haben.
„Wir leben auf unseren Treffen komplett im Einklang mit der Natur, schlafen im Freien unter dem weiten, blauen Himmel und nutzen die Rahmenbedingungen sowie Ressourcen der Umwelt“, so der Outdoor- und Survivalexperte Uwe Diedenhoven, der das „Bushcraft-Treffen“ initiiert hat, um sich europaweit zu vernetzen. „In unserem Camp sind wir 72 Stunden ohne Handy, Tablet und Fernsehen. Hier ist eine internetfreie Zone.“
Motto „Aus dem Netz ans Feuer“
„Bushcraft“, das bedeutet Leben in der Wildnis und Natur, seine eigenen Fertigkeiten und Geschicke zu intensivieren sowie abgeschaltet vom Alltag sein Inneres zu spüren. Ganz nach dem Motto „Aus dem Netz ans Feuer“ bringt der Briloner Naturliebhaber, der zurzeit eine Ausbildung zum Kinder-, Jugend- und Familiencoach absolviert, bereits den kleinsten Teilnehmern bei, kleine Shelter (Unterschlüpfe) für die Nacht zu bauen, Feuer zu machen, den sicheren Umgang mit einem Messer mitsamt Zertifizierung zu lernen sowie Wasserfilter zu bauen. Denn im Camp heißt es: Wasser zum Waschen als auch Kochen muss vorab aus Bächen oder Pfützen geholt werden, um anschließend daraus Trinkwasser aufzubereiten.

Nichts ist hier wie im Hotel, alles ist einfach, eben natürlich, um so die Umwelt bewusst wahrzunehmen und zu entschleunigen. Geschlafen wird in Zelten, auf der Erde im Schlafsack, unter Tarps (Dachzelten) oder in Hängematten. Das Essen ist deftig, zum Frühstück gibt es wie einst bei den Cowboys im Wilden Westen Rührei mit Speck und Zwiebeln. Nahrhaft muss es sein und satt machen, denn die „Bushcraft- Freunde“ aus ganz Deutschland, der Schweiz und Österreich wandern stundenlang, bestimmen Pflanzen, sammeln Kräuter für das Abendessen, fangen Fische oder gehen auf die Jagd. Viele Experten sind zum Treffen in Siedlinghausen angereist, darunter die Youtube-Stars Sepp Fischer (Survival-Trainer aus Österreich) und Susanne Williams (Wildnisführerin und Überlebenskünstlerin), die über eine große Reichweite verfügen.
„Viele von uns haben einen Jagd- beziehungsweise Angelschein. Zu unserem Treffen haben sie deshalb eigens Bachforellen, Rehkeulen und Kaninchen mitgebracht. Selbst das Schwein auf unserem Grill ist vom Outdoor Butcher“, ergänzte der Briloner Experte, der seinen Arbeitsplatz in der Natur und unter freiem Himmel über alles liebt.
Egal ob auf unseren Wanderungen oder hier im Camp, wir hinterlassen immer nur unseren Fußabdruck in der Natur.
Zusammen mit seiner Frau Vanessa, die eine Ausbildung zur Natur- und Umweltpädagogin absolviert, bringt der Sauerländer „Bushcraft-Chef“ bereits kleinen Kindern die Natur näher, sensibilisiert, unterstützt die Jungen und Mädchen im Erfahrungen machen und sich ausprobieren. Ihm ist es wichtig, das Selbstwertgefühl der Kinder zu stärken, Selbstvertrauen aufzubauen und die eigenen Fähigkeiten zu trainieren sowie eigenständig Probleme zu lösen. „Egal ob auf unseren Wanderungen oder hier im Camp, wir hinterlassen immer nur unseren Fußabdruck in der Natur“, ergänzte Diedenhoven.
Mit wenig auszukommen, Teambuilding, Nachhaltigkeit, Umweltschutz und mit der Natur in einem Kreislauf zu sein, das ist die Intention der „Bushcraft-Freunde“. Ein Göffel zum Essen (Löffel und Gabel in einem), der 2,5 Meter große Feuerbohrer um ein Glutnest zu entfachen sowie abends am Lagerfeuer Gitarrenmusik von Johnny Cash zu hören: Viel mehr brauchen die Naturliebhaber nicht, um glücklich zu sein. Ihre Kleidung ist zweckgebunden, in den Farben grau, grün und braun, um auf Wanderungen im Wald nicht aufzufallen, um sich anzupassen und um insbesondere den Kindern zu zeigen, das Kleidung auch Schutz vor wilden Tieren bedeuten kann.

Der Briloner Überlebens-Experte verfügt über explizite Kenntnisse in der Sauerländer Wildnis. Seine Lebensphilosophie ist es, dem Alltag zu entfliehen, um eins zu sein mit Mutter Natur. Neben der Liebe zur Natur, dem Umgang mit Ressourcen sowie dem Überlebenstraining setzt Diedenhoven auf Qualität statt Quantität. Ihm und seiner 50-köpfigen Gruppe „Bushcraft und Survival Freunde Sauerland“ ist es ein besonderes Anliegen, allen Naturfreunden und Interessierten die Fähigkeit näherzubringen, im Freien zu überleben und Aufgaben zu erfüllen, die für das Leben in der Wildnis erforderlich sind.
„Alle die an dem Treffen teilgenommen haben, arbeiten mit Schulen und Kindergärten sowie sozialen Einrichtungen zusammen, da uns die Umwelt sowie Nachhaltigkeit und Umweltschutz sehr wichtig sind. Getreu dem alten Indianerspruch: ‚Die Erde ist unsere Mutter. Was die Erde befällt, befällt auch die Söhne der Erde’, richten wir unser Leben aus und geben es an die Kinder weiter.“