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So reagieren die Kommunen im Sauerland auf die andauernde Flüchtlingskrise

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Von: Stefanie Nöcker, Marco Twente

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Die Familie der kleinen Anna und ihrer Mutter Olena hat in Medebach Hilfe und eine Unterkunft gefunden.
Die Familie der kleinen Anna und ihrer Mutter Olena hat in Medebach Hilfe und eine Unterkunft gefunden.  © Svitlana May

Die andauernde Flüchtlingskrise macht sich auch im Hochsauerlandkreis bemerkbar. Die Kommunen berichten von enormen Herausforderungen. Wie die aktuelle Lage ist.

Winterberg/Hallenberg/Medebach/Schmallenberg/Eslohe – Granaten schlagen ein, Häuser und Straßen werden zerbombt, Tag und Nacht laufen die Sirenen. Das ist die Realität von Millionen Ukrainern. Jeden Tag. Auch das Zuhause von der fünfjährigen Anna und ihrer Familie in der ukrainischen Großstadt Tschernihiw wurde innerhalb von wenigen Sekunden zerstört. Die Familie hatte Todesangst.

Ukrainische Familie wurde in Medebach aufgenommen

Es gab nur einen Ausweg: die Flucht nach Deutschland. In Medebach wurden Anna und ihre Familie aufgenommen. „Wir danken Medebach von ganzem Herzen. Von Anfang an haben wir Unterstützung und Respekt erfahren. Die Stadt ist zu unserer Heimat geworden“, sagt Annas Mutter Olena mit Tränen in den Augen.

Auch die anderen Kommunen in der Region nehmen Geflüchtete auf. Aber wie ist die aktuelle Flüchtlingssituation? Der SauerlandKurier hat nachgefragt.

Hallenberg

„Die Zahl der Flüchtlinge in Hallenberg ist in den letzten Jahren angestiegen“, sagt Markus Becker, Leiter des Fachbereiches Soziales. Aktuell sind insgesamt 99 Flüchtlinge in Hallenberg untergebracht. 65 davon stammen aus der Ukraine. „Die Flüchtlinge leben überwiegend in Wohnungen, die von der Stadt Hallenberg angemietet werden“, erklärt Becker.

Ein kleiner Restbestand an Unterbringungsmöglichkeiten ist – glücklicherweise – noch gegeben. Trotzdem sieht sich die Stadt vor einer andauernden Herausforderung. Becker: „Es sollte uns allen gemeinsam ein Anliegen sein, geflüchteten Menschen eine adäquate Unterkunft zur Verfügung zu stellen und ihnen dabei zu helfen, sich möglichst gut zu integrieren, sei es schulisch, privat aber auch im Berufs- und Vereinsleben.“

Winterberg

Es leben derzeit 175 Ukrainer und 97 Flüchtlinge aus anderen Ländern in Winterberg. „Durch den Krieg in der Ukraine liegen wir insgesamt fast bei den Zahlen der großen Flüchtlingswelle 2015/2016“, teilt Pressesprecherin Rabea Kappen mit. „Wie sich die Zahlen weiterentwickeln, ist reine Spekulation und kann niemand abschließend beantworten.“

Die Mitarbeitenden der Verwaltung, die die Flüchtlinge einschließlich des Wohnraums betreuen, leisten eine hervorragende Arbeit, sind jedoch mittlerweile am Rande ihrer Leistungsfähigkeit.

Rabea Kappen

Es gebe nach wie vor eine dezentrale Unterbringung – in insgesamt knapp 70 Wohnungen – im Stadtgebiet verteilt. „Die Ukrainer sind zum Teil in städtischen Wohnungen untergebracht, teilweise auch mit eigenen Mietverhältnissen“, erläutert Kappen. Probleme gibt es in Winterberg bis jetzt noch nicht. „Aktuell haben wir noch etwas Puffer an Wohnraum. Allerdings können die freien Kapazitäten schnell ausgeschöpft sein, wenn die Flüchtlingsströmung wieder zunimmt“, betont die Pressesprecherin. Für die Zukunft gibt es Überlegungen, wie weiterer Wohnraum für Flüchtlinge geschaffen werden kann, um für zukünftige Zuweisungen vorbereitet zu sein. Die Kapazitäten seien auch in Winterberg endlich. „Die Mitarbeitenden der Verwaltung, die die Flüchtlinge einschließlich des Wohnraums betreuen, leisten eine hervorragende Arbeit, sind jedoch mittlerweile am Rande ihrer Leistungsfähigkeit“, unterstreicht Rabea Kappen.

Medebach

Die Stadt Medebach beherbergt momentan insgesamt 264 Flüchtlinge. Davon stammen 149 Personen aus der Ukraine. Zum Vergleich: Anfang 2022 und vor Beginn des Ukraine-Kriegs waren es rund 85 Flüchtlinge. „Die Flüchtlinge sind alle dezentral im Stadtgebiet untergebracht. Das heißt, sie wohnen in angemieteten Privatunterkünften“, so Sozialamtleiter Heinz-Willi Frese. Aktuell seien noch ausreichend Wohnungen vorhanden. Die Kapazitäten an Unterbringungsmöglichkeiten sind allerdings wie in den anderen Kommunen auch begrenzt. Es wird weiterhin dringend Wohnraum benötigt. „Freie Wohnungen können daher gerne dem Sozialamt gemeldet werden“, appelliert Heinz-Willi Frese.

Schmallenberg

Im Stadtgebiet Schmallenberg wohnen derzeit 412 geflüchtete Menschen. Dies seien sowohl Menschen mit Anspruch auf Asylbewerberleistungen als auch Geflüchtete, die bereits Bürgergeld beziehen. Unter den geflüchteten Menschen seien 243 Ukrainer. Anders als in der letzten Flüchtlingskrise seien insbesondere die ukrainischen Flüchtlinge in privat angemieteten Wohnungen untergebracht.

Daneben wurden von der Stadt weitere Kapazitäten in Bad Fredeburg und Bödefeld geschaffen. „Darüber hinaus werden Wohnmöglichkeiten in Dorlar und Fleckenberg entstehen. In der Planung ist auch, eine Containeranlage zu erweitern“, so die Verwaltung. Aktuell reichen die Kapazitäten aus, da jedoch nicht mit einem Rückgang der Zuweisungen gerechnet werde, müsse die Stadt weiterhin Wohnmöglichkeiten planen.

Hinzu komme, dass Schmallenberg (Stand 13. Januar) noch 148 Flüchtlinge aufnehmen müsse, um die Aufnahmequote zu erfüllen. Die Aufnahmeverpflichtung sei im Vergleich zu anderen Kommunen gegenwärtig sehr hoch, weil bis zum 31. Oktober 2022 die Notunterkunft in Grafschaft mit 180 Plätzen auf die Quote angerechnet wurde. Diese Anrechnung werde Monat für Monat um 36 Plätze abgesenkt, so dass die Stadt Schmallenberg momentan unter einem hohen Zuweisungsdruck stehe. Neben dieser Quote werden, so die Stadt, aber auch anerkannte Flüchtlinge, zum Beispiel Ortskräfte aus Afghanistan, zugewiesen.

Eslohe

Die Flüchtlingskrise werde auch die Gemeinde Eslohe weiterhin vor enorme Herausforderungen stellen. Dies betreffe vor allem den fehlenden Wohnraum, Sprachkurse, Schulintegration und die Arbeitsaufnahme, teilt die Verwaltung mit. Zwar sollten aktuell vorhandene Kapazitäten für das Frühjahr 2023 ausreichend sein. Da die weitere Flüchtlingsentwicklung zurzeit aber nicht absehbar sei, werde weiterhin Ausschau nach geeignetem Wohnraum gehalten.

Derzeit erfolge die Unterbringung der Flüchtlinge in acht eigenen gemeindlichen Unterkünften/Häusern, 17 durch die Gemeinde angemietete Wohnungen, eine direkte Anmietung von Wohnraum durch Flüchtlinge und über von Privatpersonen bereitgestellte Wohnungen. Insgesamt seien in der Gemeinde Eslohe 326 Flüchtlinge, davon sind 119 Flüchtlinge aus der Ukraine, untergebracht (Stand 1. Januar 2023).

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