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Zuversicht trotz Tumor: Arnsberger spricht über seine Erkrankung

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Von: Daniela Weber

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Pippel Krebs
Aufgeben ist für ihn keine Option: Ansgar Pippel leidet an einer unheilbaren Krebserkrankung. © Daniela Weber

Lebensfroh und zuversichtlich – so lässt sich Ansgar Pippel aus Arnsberg wohl am besten beschreiben, und dass trotz einer Diagnose, die wohl manch anderem sprichwörtlich den Boden unter den Füßen wegziehen würde. Der 68-Jährige leidet an einem unheilbaren Krebs, der sich zurzeit immer weiter in seiner Leber ausbreitet. Im Gespräch mit dem SauerlandKurier spricht er anlässlich des Weltkrebstages am Samstag, 4. Februar, über seine Erkrankung und die Wünsche und Ziele, die er noch verwirklichen möchte.

Arnsberg - Wie fing alles an? Vor fünf Jahren plagten den Arnsberger Magenprobleme und Kreislaufbeschwerden. Zum Arzt gehen wollte er jedoch nicht. „Ich wollte es nicht hören“, sagt er kurz und knapp mit ernstem Blick. Denn durch Erzählungen hatte Pippel bereits eine schlimme Vorahnung: „Eine Bekannte hatte mir berichtet, dass ein Bekannter von ihr an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt sei und ähnliche Symptome habe wie ich.“ Der 68-Jährige muss kurz schlucken, als er sich an dieses Gespräch erinnert. „,Du machst mir Angst’, sagte ich daraufhin zu ihr.“

Diagnose am 63. Geburtstag

Aufgrund einer Blutanämie musste der Arnsberger dann allerdings zwangsläufig ins Krankenhaus. Dort stellten die Ärzte einen Tumor im Magen fest, genau an seinem 63. Geburtstag. „Geschockt war ich nicht“, blickt Pippel zurück, wohlwissend dass seine Reaktion auf die Diagnose eher unüblich ist. Weitere Untersuchungen folgten im Kloster Paradiese bei Soest, einer Spezialklinik für Krebskrankheiten. Dort erfuhr Pippel schließlich, dass er an einem neuroendokrinen Magentumor (siehe Infokasten) erkrankt war, der sich auf den Pankreasschwanz und die Milz ausgedehnt hatte. Verzweifeln oder Aufgeben waren aber für ihn keine Option: „Man muss über den Dingen stehen. Und ganz wichtig: Ich habe mir geschworen, dass ich den Ärzten vertraue.“

Auf dem Bildschirm sah das aus wie ein Feuerwerk. Der Tumor hatte bereits gestreut. Betroffen waren Magen, Darm, Leber, Lymphknoten, die linke Nebenniere und die Milz.

Ansgar Pippel

Mit diesem Optimismus ließ er weitere Behandlungen über sich ergehen. In der Universitätsklinik in Essen „durchleuchteten“ die Fachärzte ihn. „Auf dem Bildschirm sah das aus wie ein Feuerwerk. Der Tumor hatte bereits gestreut. Betroffen waren Magen, Darm, Leber, Lymphknoten, die linke Nebenniere und die Milz.“ Die Situation war ernst, schnelles Handeln gefragt. „Mein Arzt sagte mir, dass es sehr dringend sei und einige andere Operationen für mich verschoben wurden.“

Angst hatte der Arnsberger vor der Operation nicht, im Gegenteil er sprühte vor Zuversicht: „Ich wusste einfach, dass alles gut geht. Meine Tochter war allerdings nicht so optimistisch wie ich. Sie rief mich kurz vor dem OP-Termin an und fragte, ob sie mit ihren Kindern noch einmal vorbeikommen könnte. Sie hatte wirklich Angst, dass ich die Operation nicht überlebe. Und ja, es war eine Fifty-Fifty--Chance.“ Ansgar Pippel holt kurz Luft, sein Blick wirkt nachdenklich.

„Am Tag des Eingriffs fragte meine Tochter mich, ob ich denn wirklich keine Bedenken habe. Ich sagte zu ihr: ,Nein, ich habe doch nur Krebs’.“ Mit diesen Worten wollte er seiner Tochter Hoffnung schenken, aber gleichzeitig wusste er, dass er ihr die Sorgen nicht komplett nehmen konnte. Die Operation dauerte insgesamt acht Stunden. Für Pippel war es die bislang längste OP in seinem Leben. Alle befallenen Organe, außer die Leber, konnten von den Krebszellen befreit werden. Für Ansgar Pippel waren das gute Nachrichten und zumindest ein kleiner Lichtblick, auch für seine Familie.

Neuroendokrine Tumore

Neuroendokrine Tumore sind seltene Tumore, die aus hormonbildenden Zellen entstehen. In manchen Fällen sind sie auf genetische Veränderungen zurückzuführen. Diese Tumore sind sehr selten und beschränken sich hauptsächlich auf den Verdauungstrakt und die Bauchspeicheldrüse (Pankreas).

Einschränkungen durch die Erkrankung

Sein Leben hat sich durch den Krebs stark verändert. Im Alltag muss er auf vieles verzichten. „Während der Corona-Pandemie war ich quasi gar nicht draußen, um kein Risiko einzugehen.“ Seinen Beruf als Restaurantfachmann gab er kurz nach der Diagnose auf. „Eine schwierige Entscheidung“ wie er heute rückblickend sagt. „Anfangs konnte ich meinem Chef noch genau sagen, wann ich zu Untersuchungen muss. Aber irgendwann kam dann der Punkt, an dem das alles nicht mehr vorhersehbar war und ich auch mal kurzfristig ausgefallen bin. Das wollte ich weder meinem Chef noch meinen Kollegen antun“, erinnert er sich voller Wehmut.

Ich nehme den Geschmack von Speisen anders wahr als vorher. Mir ist alles zu salzig. Manchmal ist mir auch Süßes dann einfach zu süß. Kaffee trinke ich mittlerweile gar nicht mehr. So ein bisschen schmecke ich diesen typischen Kaffeegeschmack zwar noch heraus, aber es ist nicht mehr der Geschmack, den ich kenne.

Ansgar Pippel

Der Weg hinunter in die Arnsberger Innenstadt sei zu Fuß für ihn kaum zu bewältigen, der Weg zurück – berghoch zu seiner Wohnung – gar nicht machbar. „Es ist zu mühsam und kräftezehrend.“ Auch mit weiteren „kleineren Beeinträchtigungen“ muss er zurecht kommen. „Ich nehme den Geschmack von Speisen anders wahr als vorher. Mir ist alles zu salzig. Manchmal ist mir auch Süßes dann einfach zu süß. Kaffee trinke ich mittlerweile gar nicht mehr. So ein bisschen schmecke ich diesen typischen Kaffeegeschmack zwar noch heraus, aber es ist nicht mehr der Geschmack, den ich kenne.“ Auch auf Auslandsurlaube verzichtet Pippel, der vor seiner Erkrankung viel reiste, mittlerweile gänzlich. Das Risiko sei einfach zu groß, dass sich sein Zustand während des Urlaubs verschlechtere und er im Ausland dann nicht die optimale medizinische Versorgung erhalte.

Wie geht es Ansgar Pippel heute?

Mittlerweile sind fünf Jahre seit der Diagnose vergangen. Wie geht es Ansgar Pippel heute? Im vergangenen Sommer musste er einen Rückschlag hinnehmen. Denn die Tumorzellen in der Leber hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits schon wieder vervierfacht. „Irgendwann macht das meine Leber nicht mehr mit“, sagt er in ruhigem Ton und mit starrem Blick. Um die Krebszellen zurückzudrängen, erhält er deshalb zurzeit wieder eine Strahlentherapie. „Dafür muss ich dann in regelmäßigen Abständen in den Bunker.“ So nennt er scherzhaft den Raum in der Uniklinik in Essen, wo ihm die Strahlen verabreicht werden. „Ich muss natürlich von dem Umfeld abgeschirmt werden. Wenn ich etwa nach der Bestrahlung einer schwangeren Frau auf dem Flur begegnen würde, wäre das sehr gefährlich für sie.“ Die Behandlung verträgt Pippel gut, nur etwas müde sei er dadurch meist. „Das Legen des Zugangs ist aber immer der Horror. Beim letzten haben die Ärzte neunmal versucht, eine Vene zu finden. Mein linker Arm tut seit Wochen weh.“

Ziele und Wünsche

Trotz einer unheilbaren Krankheit und damit verbundenen Einschränkungen – oder vielleicht auch gerade deswegen – möchte Ansgar Pippel sein Leben noch in vollen Zügen genießen – in dem Umfang, wie es eben möglich ist. Vor allem einen sehr persönlichen Wunsch hat er noch für die Zukunft: „Meine älteste Enkelin hat vor zwei Jahren Abitur gemacht. Bei meiner jüngsten Enkelin ist es in vier Jahren so weit. Das möchte ich auf jeden Fall noch erleben.“ Er lächelt. Man hat das Gefühl, als sei es nicht nur sein innigster Wunsch, sondern viel mehr ein Versprechen an sich selbst und seine Familie, dass das wirklich klappen wird.

Leiter einer Selbsthilfegruppe

Auch anderen Krebskranken möchte er Mut machen. Er leitet seit dem vergangenen Jahr eine Selbsthilfegruppe, bei der Menschen mit den unterschiedlichsten Krebsarten teilnehmen können. „Meist sind Selbsthilfegruppen ja für eine ganz bestimmte Krankheit gedacht. Bei mir ist jeder willkommen, ob Mann, ob Frau, und egal was für ein Tumor. Krebs hat viele Gesichter.“

Wie viele Jahre ihm noch bleiben, das weiß er aktuell nicht. Für ihn zählt nur das Hier und Jetzt: „Die Ärzte können mir nicht sagen, wie viele Jahre ich noch leben werde. Daher muss ich nun das Beste daraus machen und die Zeit nutzen“, betont er mit Nachdruck abschließend.

Selbsthilfegruppe

Die Selbsthilfegruppe für Krebserkrankte findet jeden ersten Dienstag im Monat ab 17.30 Uhr im Bürgerzentrum Bahnhof Arnsberg, Raum 1.08 b, Clemens-August-Straße 116 statt. Kontakt: Ansgar Pippel, Tel. 0152/54059811 (Montag bis Freitag von 18 bis 19 Uhr), Mail: a.m.pippel@gmx.de.

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