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Thüringen-Wahl bei Maybrit Illner (ZDF) - Gauland gibt sich dummdreist

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Von: Daland Segler

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Das Durcheinander im Thüringer Landtag spiegelte sich auch in Maybrit Illners Talkshow.
Das Durcheinander im Thüringer Landtag spiegelte sich auch in Maybrit Illners Talkshow. © Screenshot/ZDF

Das Wahl-Chaos in Thüringen sorgte auch bei Maybrit Illner für heftige Diskussionen. Alexander Gauland reagierte, wie man es von ihm erwarten würde.

Eine „perfide Inszenierung“, bei der die AfD die Regie geführt habe, hieß es im Einspieler zur Talkshow von Maybrit Illner im ZDF, die sich selbstverständlich mit dem Skandal im Thüringer Landtag beschäftigte: „Über Rechtsaußen an die Macht – Tabubruch in Thüringen“ lautete das Thema, und von Macht konnte schon 24 Stunden nach der Wahl eines politischen Kleindarstellers zum Ministerpräsidenten nicht mehr die Rede sein. „Das war nichts, was er wollte“, versuchte FDP-Generalsekretärin Linda Teutenberg ihren Parteifreund Thomas Kemmerich zu entschuldigen. 

Maybrit Illner (ZDF): Kemmerich „aufs Podium gelockt“ 

Doch daran gibt es erhebliche Zweifel. Denn zum einen hatte zuvor Björn Höcke, Faschist und AfD-Chef im Lande, Kemmerich ein unmoralisches Angebot zur Zusammenarbeit gemacht (samt Kopie des Schreibens an die CDU), und zum anderen hatte Wolfgang Tiefensee von der SPD noch am Morgen vor der Wahl den Liberalen per SMS gefragt, ob es denn wahr sei, dass der sich von der AfD wählen lassen wolle. Und auch die Äußerungen von AfDlern ließen den Schluss zu, dass es da Absprachen gegeben habe. So grinste ein Stefan Möller in die Kamera, man habe Kemmerich „aufs Podium gelockt“.

Vermutlich dachte sich Illners Redaktion, man käme nicht umhin, einen Vertreter der AfD einzuladen, aber was deren Fraktionschef Alexander Gauland dann zum Besten gab, sprach dagegen. Denn die Behauptung, man habe mit der Unterstützung Kemmerichs einen „Kompromiss“ erreichen wollen, weil der eigene Kandidat ja keine Chance gehabt habe, war so dummdreist wie durchsichtig: Dann schicke man den eignen Mann doch nicht auch noch in den dritten Wahlgang, merkte berechtigterweise Dagmar Rosenfeld an, die Chefredakteurin der „Welt“: „Das war Abzocke.“

Maybrit Illner (ZDF): „Komische Hufeisentheorie“

Es wurde erkennbar, dass die Partei der Nazifreunde die Demokratie vorführen wollte, wie der Politologe Matthias Quent im ZDF erklärt hatte. Doch dass es so weit kommen konnte, ist der unseligen Gleichsetzung von Links und Rechts zu verdanken, die bei Konservativen wie ein Dogma wirkt. Grünen-Chef Robert Habeck kritisierte diese „komische Hufeisentheorie“: Der eigentliche Skandal sei es, dass CDU und FDP eher mit der AfD als mit der Linken stimmen wollten.

Schärfer formulierte es Janine Wissler, die stellvertretende Vorsitzende der Linken. Das „unsäglich dumme und geschichtsvergessene Geschwätz“ von links gleich rechts sei eine Relativierung des Faschismus. Die AfD aber werde von einem Faschisten geführt und sei offen rassistisch (womit es ihr gelang, Gauland aus der Reserve locken, der Höcke verteidigen wollte). Doch darf Höcke laut Gerichtsbeschluss Faschist genannt werden.

Womit die Frage nach den Parteispitzen gestellt war. Christian Lindner hat sich nach Kräften blamiert, als er am Mittwoch behauptete, die FDP gehe kein Bündnis mit der AfD ein, während sei sein Parteifreund Kemmerich gerade mit AfD-Stimmen zum Ministerpräsidenten hatte wählen lassen. Lindner Ankündigung sich einer „Vertrauensfrage“ im Parteipräsidium stellen zu wollen, wirkte nur noch peinlich.

Maybrit Illner (ZDF): „Es gibt in Erfurt keine gute Lösung mehr“

Da war Annegret Kramp-Karrenbauer klarer. Doch sie hat ein zweifaches Problem: den widerspenstigen Thüringer Parteichef und seine Getreuen und: die Kanzlerin, die sich von Südafrika aus einbrachte, den Wahlvorgang „unverzeihlich“ fand und so Kramp-Kartenbauers Dilemma als Führungskraft deutlich machte. „Wie will die CDU eine Wiederholung verhindern?“, fragte Illner. Jedenfalls werde im Thüringer Landtag nichts „von oben“ entschieden, beteuerte Kretschmer, und die Tatsache, dass kurz vor Mitternacht noch immer kein Ergebnis des Gesprächs der Fraktion mit der Parteichefin bekannt war, deutet auf die Dimension des Problems hin. Ob es Neuwahlen gibt oder Kemmerich die Vertrauensfrage stellen wird, war am Donnerstagabend völlig ungewiss. „Es gibt in Erfurt keine gute Lösung mehr“, so Rosenfeld.

Nun hat die CDU zudem noch einen durch die Affäre in Mitleidenschaft gezogenen Koalitionspartner, der sich so scharf wie eindeutig gegen das Wahlverhalten von CDU und FDP positioniert hatte. Rosenfeld sah da geradezu eine Steilvorlage für ausstiegswillige Genossen. Aber Robert Habeck warnte die SPD eindringlich davor, aus diesem Anlass die Koalition zu verlassen. Man dürfe nicht „den Ruch schaffen“, dass die Parteien nicht mehr zusammenarbeiten können. Sonst wurde das Vertrauen in die demokratische Selbstreinigung erodieren und ein Kollateralschaden im Verhältnis der Bürgerschaft zum Staat entstehen. „Das wäre Wahnsinn.“

Maybrit Illner (ZDF): „Das wäre Wahnsinn.“

Dabei hatte Janine Wissler gerade in Bezug auf die Bevölkerung einen positiven Aspekt des Debakels ausgemacht: Der große öffentliche Aufschrei nach dem Thüringer Tabubruch sei ein „gutes Signal“ gewesen.

Maybrit Illner, ZDF, von Donnerstag, 6. Februar, 22.15 Uhr.

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