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Zahnarzt Alexander Lütticke erzählt von seinem Hilfseinsatz in Sansibar

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În der Primary School in Unguja Ukuu behandelte das Team die Kinder in einem Klassenzimmer auf den Schulbänken.
In der Primary School in Unguja Ukuu behandelte das Team die Kinder in einem Klassenzimmer auf den Schulbänken. © privat

Siegen/Drolshagen. Eine spannende Zeit mit Höhen und Tiefen liegt hinter Zahnarzt Dr. Alexander Lütticke vom Siegener Diakonie Klinikum. Zusammen mit drei weiteren Zahnärzten, drei Studentinnen und einer zahnmedizinischen Fachangestellten reiste der gebürtige Drolshagener mit dem gemeinnützigen Verein „Planet Action – Helfende Hände e.V.“ im März drei Wochen zu einem Hilfseinsatz nach Tansania.

Im Vorfeld hatte das Team, das sich mit Experten aus ganz Deutschland zusammensetzte, 8000 Euro an Spendengeldern gesammelt, um das benötigte Instrumentarium und die Verbrauchsmaterialien zu kaufen. Insgesamt gingen 160 Kilogramm Material per Luftfracht nach Sansibar.

Schon der Start in Sansibar verlief für das deutsche Team eher ernüchternd. Nach der Einführungsbesprechung mit den einheimischen Zahnärzten und Organisatoren im Hauptkrankenhaus in Stone Town blieben zahlreichen Fragen offen. „Polepole“ (langsam) und „hakuna matata“ (kein Problem) sollten von nun an die wichtigsten Worte des Teams werden. „Uns wurde schnell klar, dass auf diesem Kontinent eine völlig andere Arbeitsweise herrscht“, erzählt Lütticke nach seiner Rückkehr.

Das nächste Problem gab es bei der Abholung der Materialen am Flughafen. „Zu dritt diskutierten und verhandelten wir bei über 30 Grad in der Sonne, liefen von einem Flughafenmitarbeiter zum nächsten und erhielten schließlich die Mitteilung, dass wir am nächsten Tag wiederkommen sollten“, so der Siegener Zahnarzt.

Fast ausschließlich Kinder behandelt

Während des Einsatzzeitraums kam das deutsche Hilfsteam im Kivunge Hospital, im Health Center von Jambiani und an verschiedenen Orten in Primary Schools zum Einsatz – dabei wurden fast ausschließlich Kinder behandelt. Zunächst gab es eine allgemeine Aufklärung bezüglich Mundhygiene und Kariesentstehung in der Landessprache Swahili, zeitgleich demonstrierten die Ärzte und Studierenden an großen Modellen, wie man sich richtig die Zähne putzt. Die Therapie beschränkte sich ausschließlich auf Extraktionen – also auf das Zähne ziehen.

„Die Mundhygiene der Kinder war sehr schlecht bis gar nicht vorhanden, aber was uns alle am meisten schockierte, war die Tatsache, dass die Kinder auf dem Schulhof für sehr wenig Geld Süßigkeiten kaufen konnten und diese in großen Mengen konsumierten“, so der 27-jährige Zahnarzt. Die Mehrzahl der Menschen auf Sansibar wissen nicht, weshalb ihre Zähne geschädigt werden und sie Zahnschmerzen bekommen. „Viele von ihnen sind der Meinung, dass es Insekten gibt, die in der Nacht in ihren Mund kriechen und die Zähne zerstören“, schmunzelt Lütticke.

Auf Sansibar gibt es nur sehr wenige Zahnärzte und die Behandlung muss vom Patienten selbst bezahlt werden. Das können sich aber viele nicht leisten und deshalb leiden sie oft unter Zahnschmerzen. Den Menschen diese Schmerzen zu nehmen, war der vorrangige Wunsch des deutschen Hilfsteams.

Die Behandlung fand unter sehr einfachen Bedingungen auf Schulbänken oder Stühlen statt. Mit Hilfe von Stirnlampen konnten die Ärzte die Sichtverhältnisse etwas verbessern; Absaugung, Speibecken oder Luftbläser standen uns nicht zur Verfügung.

Geschockt von brutalem Umgang

In der ersten Primary School in Unguja Ukuu behandelte das Team die Kinder in einem Klassenzimmer auf den Schulbänken. Dort hat Lütticke besonders der „rabiate Umgang“ der einheimischen Ärzte mit den Kindern schockiert. „Häufig wurde nicht gewartet bis die Anästhesie wirkte, sondern mit der Behandlung unmittelbar begonnen. Falls sich ein Kind widersetzte, wurde es auf die Schulbank gelegt. Ein Erwachsener hielt die Hände, einer die Füße, der dritte den Kopf fest und der vierte zog die Zähne. Wir waren geschockt, wie brutal die Einheimischen mit den ängstlichen Kindern umgingen“, erinnert sich der heimische Zahnarzt.

Nachdem aber die Deutschen die wichtigsten Vokabeln auf Swahili beherrschten und in den darauffolgenden Tagen in einem von den wartenden Kindern abgetrennten Raum ohne die ortsansässigen Zahnärzte behandelten, sei es deutlich gemäßigter abgelaufen, so Lütticke.

In der ersten Woche untersuchte und behandelte das Team von „Planet Action – Helfende Hände e.V.“ 525 Kinder; in der darauffolgenden Woche waren es bereits 1400 Kinder, die Lüttickes Team mit Unterstützung eines weiteren achtköpfigen Teams aus Dubai versorgten. „Die Kinder begrüßten uns winkend mit einem fröhlichen ,Jambo!’ und ließen die Behandlung sehr tapfer über sich ergehen“, erzählt der 27-Jährige. Jedes Kind bekam anschließend eine Zahnbürste und einen Luftballon geschenkt.

„Rückblickend liegt eine spannende Zeit mit Höhen und Tiefen hinter uns. Die Behandlung bei über 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit unter erschwerten Bedingungen hat uns zeitweise viel abverlangt. Stromausfälle, das Ausbleiben von fließendem Wasser, die vielen organisatorischen Hürden und Geduldsproben brachten uns zeitweise an unsere Grenzen, trotzdem hatten wir eine tolle und unvergessliche Zeit auf Sansibar“, fasst Lütticke das Abenteuer zusammen – und ergänzt: „Wir danken allen Spendern für ihre tatkräftige Unterstützung in Form von finanziellen und Materialspenden. Ohne die Zuwendungen wäre der Hilfseinsatz nicht möglich gewesen“.

Alexander Lütticke und sein Team demonstrierten an großen Modellen, wie man sich richtig die Zähne putzt. Fotos: privat
Alexander Lütticke und sein Team demonstrierten an großen Modellen, wie man sich richtig die Zähne putzt. © privat

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