Am Silvestertag holte er den Anhänger ab – und der war in einem sehr schlechten Zustand. Am Neujahrstag hat er ihn mit Unterstützung repariert und dank gespendeter neuer Reifen der Firma Plugge aus Attendorn konnte es am 2. Januar losgehen. Mit den zwei Feuerwehrfahrzeugen und dem Anhänger ging es zunächst nach Berlin, dann ins polnische Lodz. Weiter ging es über die Grenze nach Lwiw, am nächsten Morgen weiter Richtung Kiew, von dort nach Charkiw.
„In Lwiw habe ich zum ersten Mal live und in Farbe Luftalarm erlebt“, so Bockelkamp. Der Luftalarm sei allerdings noch nicht so schlimm gewesen. „Das erste Mal den Krieg erlebt habe ich in Kiew“, mit Schützengräben und Panzerkreuzen, die Checkpoints entlang der Straße kamen in immer kürzeren Abständen. Die Checkpoints zu passieren, stellte sich als nicht schwierig heraus, „die Soldaten waren sehr hilfsbereit und haben sofort erkannt, worum es geht“, so Bockelkamp. In Kiew selbst sei es fürchterlich dunkel gewesen, keine Straßenbeleuchtung, keine Leuchtreklame, statt dessen verdunkelte Schaufenster und bewaffnete Soldaten vor den Supermärkten.
Zur Übergabe der Fahrzeuge und von Notstrom- und Dieselgeneratoren wurde die Gruppe in Charkiw herzlich empfangen. Einheimische haben ihnen die Stadt gezeigt, „wir haben die Stellen gesehen, wo wirklich gekämpft worden ist“, so Bockelkamp. „Brutaler und barbarischer“ als er es sich vorstellte, sei es gewesen. „Die Gebiete, in denen mit Artillerie gekämpft wurde, sehen schon schlimm aus.“ Die Menschen seien sehr aufgeschlossen und dankbar gewesen, „man spürt die Dankbarkeit für die Hilfe und das ist ein Zeichen, dass es richtig ist, was man gemacht hat“, so Bockelkamp.
Die Reisegruppe war prominent besetzt, neben den Fahrern Michael Bockelkamp und Dennis Metzler waren der Journalist und Autor Denis Yücel (Sprecher PEN Berlin) und Publizistin Liane Bednarz sowie ab Lwiw Gennady Zhadan, Bruder des Friedenspreisträgers Serhij Zhadan dabei. „Das gesamte Team von PEN Berlin war sehr nett, es hat unheimlich Spaß gemacht mit ihnen. Auf der Rückfahrt habe ich mir sogar ein Buch von Denis Yücel bestellt, obwohl ich eigentlich gar kein Leser bin“, verrät Bockelkamp.
Dabei gestaltete sich die Rückfahrt sehr abenteuerlich. Von Charkiw aus ging es zunächst mit der Eisenbahn bis Lwiw – 16 Stunden im Schlafwagen, mit Briketts beheizt. Bei jedem Stopp habe die Schaffnerin mit einem Schürhaken das Eis vom Waggon geschlagen. Unterwegs waren auch viele Ukrainerinnen, die für das orthodoxe Weihnachtsfest nach Charkiw gereist waren, für sie ging es zurück in sichere Gebiete. Von Lwiw ging es weiter mit dem Reisebus nach Krakau, für die eigentlich vierstündige Fahrt brauchte der Bus zwölf Stunden – inklusive achtstündigem Aufenthalt an der Grenze. In Krakau angekommen gab es einen Tag verdiente Pause, bevor es mit dem Flieger zurück nach Deutschland ging. Die Reise dauerte insgesamt zehn Tage; rechnet man die Abholung und Reparatur des Anhängers mit hinzu, waren es zwölf Tage. Würde Michael Bockelkamp nochmals diese Reise antreten? „In jedem Fall ja“, sagt er. Und erste Kontakte zur Hilfsorganisation „Lennestadt hilft“ sind schon geknüpft. Hier sucht man nach einem Fahrer, der eine komplette Zahnarztpraxis in die Ukraine transportieren kann. Wir berichten weiter.