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Oma und Enkel finden uraltes, furchteinflößendes Brettspiel

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So sieht das uralte, christliche Spiel „Reise in die Ewigkeit“ aus.
So sieht das uralte, christliche Spiel „Reise in die Ewigkeit“ aus. © Friedhelm Tomba

Dieses Brettspiel ist wahrscheinlich über 100 Jahre alt. Eine Oma und ihr Enkel aus dem Finnentroper Ortsteil Schliprüthen haben es jetzt gefunden und gespielt.

Schliprüthen – Eine Reise in die Ewigkeit dauert ungefähr zehn Minuten. Kommt drauf an, ob man „Tugenden“ oder „Untugenden“ vorweisen kann. Beherzigt man „Ertragen von Beleidigungen“ und „Hochachtung von Vorgesetzten“ geht es etwas schneller voran. Setzt man bei der Reise allerdings auf „Schwatzhaftigkeit“ oder „Naschen“ erreicht man das Sehnsuchtsziel erst später. Keine Chance auf vollkommenes Glück hat der Kontakt mit dem schwarzem Feld: Ab in die Hölle, keine Chance auf Erlösung!

Die Rede ist von einem uralten, sehr christlichen Würfelspiel, das durch einen Zufall aus der Versenkung auftauchte. Als in Fretter ein Haus ausgeräumt wurde, fand man auch einige Gesellschaftsspiele. Mit der „Reise in die Ewigkeit“ konnte allerdings keiner etwas anfangen. Irgendwie gelangte das Spielbrett nach Schliprüthen. Änne Mette (74), die sich als Küsterin der St.-Georgs-Pfarrkirche durchaus mit kirchlichen Spielregeln auskennt, nahm sich der Forschung an. „Das Spiel muss über hundert Jahre alt sein. Damals wurde man ja regelrecht bange gemacht. Auch uns wurde noch erklärt, dass Untugenden direkt in die Hölle führen.“

Änne Mette und Enkel Niklas bei der Reise in die Ewigkeit.
Änne Mette und Enkel Niklas bei der Reise in die Ewigkeit. © Friedhelm Tomba

Oder mit Umwegen: Spielfeld 94 – kurz vor der 100 und damit Endziel „Himmel“ – steht für Fegefeuer! Würfelt man sich darauf, gilt es dort sechs Spielrunden ohne Würfeln zu verweilen. Die Sachlage erinnert an den Sitz im Gefängnis bei Monopoly. Gut, dass es bei der „Reise in die Ewigkeit“, das 1902 von Ludwig August Brinckmann in Münster erfunden wurde, auch die „Gehe über Los“ Vorteilsecke gibt: Die Felder „Frömmigkeit“ und „Ordnungsliebe“ bugsieren den Spieler gleich um einige Felder nach vorne.

Niklas Mette (15) aus Niedersalwey, der die Herausforderung des Gesellschaftsspiels mit seiner Oma angenommen hat, weiß nicht so Recht, was er sagen soll. Auf jeden Fall hat er das Match gegen seine Oma verloren, die auf direktem Weg in den Himmel gelangte.

„Interessant ist es ja, aber so richtig verstehe ich nicht, warum früher so etwas produziert wurde. Die Drohungen kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Ich glaube schon, dass es einen Gott gibt. Aber ich glaube nicht, dass er mich strafen will. Wenn ich Blödsinn gemacht habe, gibt er mir sicher irgendeinen Kick, damit ich das direkt wieder klar machen kann.“

Das, wovon Niklas spricht, befindet sich auf Feld 62 und lässt einem 18 Felder nach vorne springen und nennt sich Nächstenliebe. Ein klein wenig der Tugenden von 1902 hat überlebt.

Von Friedhelm Tomba

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