1. SauerlandKurier
  2. Kreis Olpe
  3. Finnentrop

Freispruch! Unfallfahrer hat Tod zweier Mädchen nicht fahrlässig in Kauf genommen

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Sebastian Schulz

Kommentare

Nach einem tödlichen Unfall ist die B236 in Finnentrop voll gesperrt. Zwischen Rönkhausen und Lenhausen kollidierten ein Pickup und ein Motorrad.
Nach dem tödlichen Unfall zwischen Rönkhausen und Lenhausen gibt es nun ein Urteil. © Kai Osthoff

Es war ein dramatischer Unfall, der sich am 21. September 2020 in Rönkhausen ereignete. Zwei junge Frauen kamen ums Leben. Der Unfallfahrer ist nun freigesprochen worden.

Finnentrop/Rönkhausen/Grevenbrück - Richter Edgar Tiggemann verkündete an diesem Dienstagmittag das mit Spannung erwartete Urteil. Zuvor hatten bereits die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung auf Freispruch plädiert. Nur der Anwalt der Nebenkläger - den Eltern der beiden verstorbenen jungen Frauen - hatte in seinem Plädoyer „mindestens eine Geldstrafe“ sowie eine Fahrerlaubnisentziehung wegen fahrlässiger Tötung beantragt - letztlich erfolglos.

Die Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht Lennestadt in Grevenbrück stellte aus Sicht des Vorsitzenden Richters klar heraus, dass der Angeklagte bei dem Unfall nicht fahrlässig gehandelt hatte. Der Beschuldigte, der in wenigen Tagen 32 Jahre alt wird, leidet an Diabetes Typ 1 und hat nach Auffassung der Kammer womöglich unmittelbar vor dem Unfall wegen einer plötzlich auftretenden Unterzuckerung das Bewusstsein am Steuer verloren, mindestens aber unter einer sogenannten Bewusstseins-Trübung gelitten. Diesen Zustand beschrieb eine Rechtsmedizinerin so, als würde man mit Alkohol im Blut am Steuer sitzen; „man ist wie in einem Tunnel“.

So sei der Mann mit seinem „Zweieinhalb-Tonnen-Truck“, wie der Richter den Ford Ranger beschrieb, an jenem verhängnisvollen Morgen des 21. September 2020 auf der B236 zwischen Lenhausen und Rönkhausen auf die Gegenfahrbahn geraten, auf dem die beiden jungen Frauen aus Rönkhausen gerade auf ihrem Moped in Richtung Schule fuhren. Für eine von ihnen kam jede Hilfe zu spät. Ihre Sozia und Cousine verstarb wenige Tage später im Krankenhaus.

Der Vorfall hatte nicht nur Eltern, Verwandte, Freunde, Bekannte, Vereinskameraden und Klassenkameraden, sondern ein ganzes Dorf in Trauer versetzt. Entsprechend groß war auch der Andrang an diesem Dienstag auf die Zuschauerstühle im Amtsgericht. Mehrere Pressevertreter begleiteten zudem den Prozess, in dessen Verlauf viele Tränen fließen sollten. Die Eltern, der Angeklagte, Angehörige in den Zuschauerreihen, sogar ein Zeuge - sie alle weinten, als ihnen die furchtbaren Ereignisse wieder vor Augen geführt wurden.

Besonders schwer fiel dem Angeklagte auch das letzte Wort vor dem Urteil, das in Strafprozessen stets dem Beschuldigten gehört. Mehrere Sekunden benötigte der junge Mann, ehe er etwas sagte („Ich würde gerne, aber mir fehlen tatsächlich gerade die Worte“) und nach einer weiteren Pause unter Tränen hinzufügte: „Ich möchte mich gerne bei beiden Familien aufrichtig entschuldigen.“ Er wünsche sich, dass es eine Erklärung dafür gäbe. „Aber es gibt sie leider nicht.“

Auch interessant

Kommentare