Nun, ein halbes Jahr später, ist die Nachfrage nach Pellets enorm – und damit auch bei Holzindustrie Schmelter. Warum sich Geschäftsführer Lutz Schmelter darüber trotzdem nicht so richtig freuen kann und wie sicher die Pellets-Versorgung ist, darüber sprach Sebastian Schulz nun mit ihm im Interview.
Herr Schmelter, gefühlt sind gerade alle auf der Suche nach Pellets für ihre Öfen oder Heizungen. Da können Sie als Hersteller und Verkäufer von Pellets sicher Freudensprünge machen, oder?
Es war und ist die richtige Zeit dafür, ins Pellets-Geschäft einzusteigen, keine Frage. Aber gesund ist das alles nicht.
Was meinen Sie?
Wenn Sie ein Geschäft betreiben, wollen Sie auch langfristig verkaufen. Dafür brauchen Sie langfristig Kunden. Das Problem ist, dass die Preisentwicklung derzeit nicht passt; die Leute fühlen sich bei diesen Preisen über den Tisch gezogen. Das ist überhaupt nicht in unserem Sinne und deshalb gefällt mir die Preisentwicklung gar nicht. Es ist immer ein Miteinander. Und wenn die Kunden gefrustet sind, haben wir langfristig ein Problem.
Wie hoch sind die Preise im Moment und wie haben sie sich entwickelt?
Vor einem Jahr lag der Preis noch bei 200 bis 250 Euro inklusive Mehrwertsteuer und Lieferung pro Tonne. Jetzt sind wir zwischen 650 und 850 Euro pro Tonne – also ungefähr einer Verdreifachung.
Nicht nur die Preise, sondern auch die Lieferzeiten steigen. Können Sie derzeit überhaupt alle Kunden bedienen?
Ja, davon gehe ich ganz sicher aus. Es gibt genug Pellets. Nur nicht dann, wenn alle Pelletsnutzer gleichzeitig meinen, sie müssen ihren kompletten Bedarf plus einer Sicherheitsmenge einkaufen. In den letzten Wochen wollten sich alle für den Winter vor dem Hintergrund der Energiekrise rüsten – und haben mehr auf Lager als normal. Wenn sich das normalisiert, ist das Problem wieder weg.
Das kennen wir ja noch vom Klopapier zu Beginn der Corona-Pandemie...
Ja, es ist der gleiche Effekt. Die Privatleute haben alle wie verrückt Pellets bestellt, trotz eines extrem heißen Sommers. Normalerweise gibt es die Leute, die im April und Mai kaufen, weil ihre Lager leer sind. Oder im Juli und August, weil dann der Preis normalerweise sehr günstig ist. So hat jeder seine Idee. Das Problem entsteht dann, wenn sich – wie jetzt – die Bestellungen auf wenige Wochen konzentrieren und nicht kontinuierlich über das Jahr erfolgen. Das kann diese Branche nicht so einfach leisten. Daher kam es bei einigen Produzenten zu acht Wochen Lieferzeiten. Oder dazu, dass keine verbindlichen Preise mehr angegeben werden konnten und können.
Könnten Sie nicht einfach den Schnittholz-Betrieb reduzieren und stattdessen noch mehr Pellets herstellen?
Schnitt- statt Restholz für Pellets zu verwenden, ist nicht wirtschaftlich. Und ganz davon abgesehen wäre es absurd, aus Holz direkt einen Energieträger zu machen. Hier gilt die sogenannte Nutzungskaskade. Der Rohstoff Holz wird nur effektiv und nachhaltig genutzt, wenn er so lange wie möglich stofflich verwertet wird, zum Beispiel für den Bau von Häusern oder Möbeln. Nur wenn das nicht mehr geht, können Sie einen Energieträger wie Pellets daraus machen.
Ist denn derzeit viel Restholz auf dem Markt?
Nein. Auf der einen Seite werden weniger Bauholzprodukte gebraucht; die Nachfrage ist nicht gut. Es gibt auch weniger Schadholz im Wald. Dadurch produzieren wir weniger und es fällt weniger Restholz an. Und auf der anderen Seite haben Sie – wie erwähnt – den massiven Nachfrageanstieg durch neue Heizungen und starke Bevorratung.
Kann der Pellets-Verkauf die allgemeine Dürrephase auf dem Holzmarkt auffangen?
Nein. Natürlich rechnet sich das Pelletswerk besser, als wir es prognostiziert hatten. Aber wir produzieren mit rund 25.000 Tonnen Pellets im Jahr nur relativ kleine Mengen. 90 Prozent unseres Geschäfts hat mit Massivholz zu tun, sodass dieser negative Effekte der Energiekrise gegenüber dem positiven Effekt der Pellets überwiegt. Ich hätte lieber die Situation der Vorjahre, in denen die Bauindustrie gut lief: ein normales, gutes Schnittholzgeschäft. So würde es uns viel besser gehen.
Wie wird sich der Markt – insbesondere mit Blick auf Pellets – nach Ihrer Einschätzung in den kommenden Monaten entwickeln?
Ich glaube, dass der Pelletspreis im Winter auf dem aktuellen Niveau stabil bleibt und vermutlich nach dem Winter leicht fällt, weil sich die Nachfragesituation normalisiert. Aber wenn wir nächstes Jahr eine Baukrise bekommen, steigt der Preis womöglich weiter, weil die Restholz-Menge weiter zurückgeht. Natürlich haben wir uns im Vorfeld zu der Investition mit den Marktmechanismen auseinandergesetzt. Nur: Von diesen Recherchen konnten wir ja angesichts der Entwicklungen nicht wirklich etwas benutzen und eine Prognose fällt daher äußerst schwer....
Etwas verblüfft waren zuletzt einige Lenne-Pellets-Kunden, dass die Ware von Lkw mit Münchner Kennzeichen zu ihnen geliefert und in die Holzlager geblasen wird. Das liegt laut Lutz Schmelter daran, dass die Holzindustrie Schmelter keine eigene Logistik habe und deshalb einen externen Logistikdienstleister mit der Lieferung beauftragt hat. Deren Disponenten sitzen im bayrischen Bamberg, von wo aus auch die Kunden für einen Liefertermin angerufen werden. Die Lkw des Logistikdienstleisters seien in ganz Deutschland unterwegs. Für die Lieferung der Lenne-Pellets sind sie laut Lutz Schmelter in Eslohe stationiert. „Die Wege müssen kurz sein. Mit diesem Vorsatz sind wir angetreten und es ist eines unser wesentlichen Ziele“, sagt Schmelter.