„Lennestadt hilft“ bringt insgesamt 320 Europaletten mit Hilfsgütern an die ukrainische Grenze, nimmt Flüchtlinge mit zurück und sammelt Spendengelder (SauerlandKurier hat berichtet).
Matthäus Wanzek möchte garantieren, dass die Spendengelder an der richtigen Stelle ankommen und plant einen Hilfstransport in die Ukraine. Dabei bekommt er Hilfe von Olga, einer 29-jährigen Ukrainerin, die nach ihrer Flucht in Lennestadt angekommen ist. Als sie von Matthäus’ Plänen hört, bietet sie an mitzufahren. „Wir wollen Hilfe bringen und dokumentieren, wie die Situation vor Ort ist“, sagt Wanzek.
Doch wie ist es, in ein Land zu reisen, in dem Krieg herrscht? „Der Krieg kommt in Etappen“, sagt Wanzek. Man überquere nicht die Grenze und sei im Kriegsgeschehen, erst sehe man, dass mehr Militär unterwegs ist, man sehe erste Panzerwagen und Raketen, Militärposten – aber die Sonne scheint, es ist friedlich.
In Lwiw (Lemberg) erlebt Matthäus Wanzek den ersten Luftalarm, der komme dort zwei- bis dreimal täglich. Die Menschen seien daran gewöhnt, für sie sei es zur Routine geworden. Weiter geht die Fahrt Richtung Osten. Im Kiewer Vorort Irpin sehen die Helfer, was der Krieg angerichtet hat. Irpin wurde von den russischen Streitkräften zerbombt und von den Ukrainern zurückerobert, liegt nun in Trümmern.
Von Kiew aus geht es weiter nach Charkiv, einer Stadt, die vielen aus den Schlagzeilen bekannt ist. Sie liegt an der Grenze zu Russland, ist schwer zerbombt. Auf der Fahrt dorthin müssen Matthäus und Olga einige Schwierigkeiten überwinden, das Benzin ist knapp, an den wenigen Tankstellen, die Benzin haben, bilden sich kilometerlange Schlangen. Hilfe kommt von ukrainischen Bauern, sie versorgen die Lennestädter mit Benzin. Denn die erregen durchaus Aufsehen in der Ukraine, kaum ein ausländischer Hilfstransport fährt ins Landesinnere. Und die Ukrainer nehmen dies dankbar und begeistert auf.
Nach zwei Tagen Fahrt in der Ukraine kommen Matthäus und Olga in Charkiw an. Dort bekommen sie Kontakt zu einer einheimischen Helferin. Doch wie funktioniert Hilfe in einer zerbombten Stadt? Polizei und Militär melden den Helfern wo sich Menschen aufhalten und was sie am nötigsten brauchen. Die Helfer besorgen die Dinge, das Militär bringt sie zu den Menschen. Dazu gibt es verschiedenen Stationen, an denen Lebensmittel und Hilfsgüter ausgegeben werden. Die Lennestädter schließen sich an, fragen die Menschen „Was braucht ihr konkret“, kaufen die Dinge ein und bringen sie zu den Menschen.
In der Stadt leben noch etwa 10.000 Menschen: Frauen, Kinder, Ältere, Behinderte – die Männer sind beim Militär. Matthäus und Olga haben zweimal in Charkiw übernachtet, auf Isomatten in einem Keller, ohne Licht, denn das wäre zu gefährlich. Auf etwa einhundert Quadratmetern mit etwa 60 Menschen. Nachts begannen die Bombenangriffe, teilweise habe man die Einschläge wie ein Gewitter im Hintergrund gehört, teilweise habe das ganze Haus gebebt. In einer Nacht wurde ein Park nebenan zerbombt, hier lebten obdachlose Menschen in Zelten.
Im Keller lernt Matthäus die 79-Jährige Ludmilla kennen, sie fragt ihn unter Tränen, ob er sie mit nach Deutschland nehmen kann, ob auch alte Menschen nach Deutschland dürfen. Im Pressegespräch sitzt sie mit am Tisch, zeigt auf der Karte, wo sie gelebt hat. Geboren wurde sie im Zweiten Weltkrieg in der Sowjetunion, wurde kurz nach ihrer Geburt mit ihren Eltern nach Charkiw evakuiert und fand dort ein neues Zuhause. Jetzt ist sie in Lennestadt, möchte zu ihrer Tochter nach Leipzig, Matthäus versucht eine Mitfahrgelegenheit zu organisieren.
Zwei weitere Passagiere haben Matthäus und Olga mit nach Lennestadt genommen, die 40-jährige Raja und ihren 17-jährigen Sohn Ilja aus Mariupol. Sie mussten Mann und Vater in der Ukraine zurücklassen, denn obwohl dieser wegen einer schweren Krankheit nicht kämpfen kann, durfte er nicht ausreisen.
Auf der Reise in die Ukraine hat Matthäus Wanzek viele dankbare Menschen getroffen, dankbar für die Aufmerksamkeit und die Hilfe aus dem Ausland. Ukrainische Medien haben über die Helfer berichtet, es gab offizielle Dankurkunden für die Stadt Lennestadt und die Aktion „Lennestadt hilft“. „Ich würde mir wünschen, dass andere unsere Kontakte nutzen und die Hilfe vor Ort bringen“, so Wanzek.
Die Aktion „Lennestadt hilft“ soll weitergehen. Mittlerweile sammelt die Gruppe keine Hilfsgüter mehr – allerdings noch Geldspenden – und die Mitglieder haben es sich zur Aufgabe gemacht, die ukrainischen Flüchtlinge in Lennestadt zu betreuen. „Wir dürfen uns nicht ermüden lassen, jede noch so kleine Hilfe ist wichtig“, so Wanzek. In Lennestadt leben etwa 280 bis 300 Geflüchtete aus der Ukraine, diese brauchen dringend Perspektiven, Ansprechpartner, die im Idealfall ihre Sprache sprechen und mit ihnen die ersten Schritte im neuen Land gehen.
Spenden nimmt immer noch die Aktion „Lennestadt hilft“ entgegen, unter dem Stichwort Lennestadthilft auf das Konto der Kirchengemeinde St. Bartholomäus Meggen: Volksbank Bigge-Lenne DE39 4606 2817 4341 0886 02