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Führerschein-Umtausch: Unser Kollege hat‘s gemacht - und schwelgt in alten Autoerinnerungen

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Von: Gregor Breise

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Hat ausgedient: der fast 40 Jahre alte Führerschein unseres Redakteurs Gregor Breise.
Hat ausgedient: der fast 40 Jahre alte Führerschein unseres Redakteurs Gregor Breise. © Breise

Viele Bürger mussten schon ihren alten Führerschein umtauschen. So auch unser Kollege. Das weckt Erinnerungen: an einen Wagen unter Wasser oder ein brennendes Handschuhfach.

Kreis Olpe – Die blonde Dame mittleren Alters neben mir auf den Warteplätzen beugt sich zu mir herüber. „Sind Sie auch wegen des Führerscheinumtauschs hier“, fragt sie. „Ja“ entgegne ich. „Sie sehen aber noch gar nicht aus wie 60“, meint sie. „Danke“, antworte ich artig, bis mir auffällt, dass wohl meine aufgesetzte FFP2-Maske so manchen Jahresring verbirgt.

Gemeinsam mit der blonden Dame sitze ich im ziemlich neuen Trakt des Kreishauses Olpe, wo die Kfz-Zulassungs- und Führerscheinstelle untergebracht ist und hier ist richtig Betrieb. Der Grund: Den Lappen geht es an den Kragen, wobei es hier keineswegs um die nächste völkerrechtswidrige Annexion des rüden Kremlchefs geht. Vielmehr mussten Autofahrer der Geburtsjahrgänge 1959 bis 1964 bis zum vorgestrigen 19. Januar ihren grauen, rosafarbenen Papier-Führerschein (auch Lappen genannt), DDR- oder Scheckkarten-Führerschein in ein neues EU-Dokument im Scheckkartenformat umtauschen.

Im Internet habe ich mir hier in Olpe einen Termin gebucht, die „7017“ soll um 14.45 Uhr dran sein.

Ich bin natürlich viel zu früh und betrachte meinen alten rosafarbenen Lappen. Knapp vier Jahrzehnte Automobilgeschichte, aber auch so manches Abenteuer, vor allem aus der Sturm- und Drangphase meines Autofahrerlebens kommen mir in der Rückschau in den Sinn.

Das erste Auto: ein kanarienvogelgelber R4 mit mageren 34 PS und Krückstockschaltung. Der erste Unfall: mit eben diesem Renault ein klassischer Auffahrunfall, weil man es für eine gute Idee gehalten hatte, die rutschigen Stollenschuhe auf dem Weg zum Fußballspiel schon im Auto anzuhaben.

Die derangierte Motorhaube wurde später auf dem Garagenboden dank der Fußtritte zweier befreundeter Heeressoldaten, jeder so 110 Kilo schwer, einigermaßen in Form gebracht – „Smart Repair“ war damals noch ein Fremdwort.

Apropros Unfall: Die ersten drei, vier Fahrzeuge wurden allesamt geschrottet ohne Personenschaden. Erst gab man den Straßenplanern die Schuld (warum ging einem denn am Ende der Fahrt immer die Straße aus?); später erinnerte die Altersweisheit einen daran, dass es sich wohl um eine komplette Fehleinschätzung der fahrerischen Fähigkeiten gehandelt haben musste. Der Abschlepper aus Heggen/Grevenbrück duzte einen mittlerweile schon, wenn er tief in der Nacht mit dem Seufzer „Du schon wieder!“ die nächste kaputte Karre auflud.

Dann war da der erste Scirocco, bei dem auf der Autobahn bei Tempo 180 der Auspuff abfiel. Der Sound danach war einfach großartig, das ganze Wochenende hatte der Heimatort unter dem infernalischen Röhren zu leiden.

Dann kam der Golf VR6, der schon ziemlich schnell war, aber leider unten undicht. Bei Starkregen auf dem Weg nach Holland und Land unter im Fußraum konterte man die beleidigten Blicke der Beifahrerin mit einem „Du wolltest doch an die See!“

Erinnerungen werden wach an den noch schnelleren Golf V6, mit dem man auf dem Weg zu einem 18. Geburtstag in Berlin die 240-Kmh-Marke durchbrach. Oder an die Rückführung eines Kleintransporters einer Hilfsorganisation aus dem Bosnienkrieg, wo uns auf einmal im Karawankentunnel Flammen aus dem Handschuhfach entgegenschlugen, die man mit der gerade erworbenen Cola löschte. Danach gingen Tankanzeige und Scheibenwischer nicht mehr. Die Fahrt im Regen von Villach nach Meggen wird unvergessen bleiben.

Wehmütig blicke ich auf das Passbild des rosa Lappens von ‘86: Mann, was waren das Zeiten.

Die Nummer 7017 ploppt auf, ich bin dran, mit 60 Sekunden Verspätung ist der Termin fast punktgenau. Zum Umtausch braucht man nur den alten Führerschein, ein neues Passbild und einen Ausweis. Fünf Minuten später und 30,40 Euro ärmer ist der Rosafarbene mit einem Schnitt entwertet, aber noch vorläufig gültig. „Der neue EU-Führerschein wird Ihnen mit der Post geschickt“, meint die nette Sachbearbeiterin abschließend.

Auf dem gemütlichen Weg im Mittelklasse-SUV nach Hause muss ich nochmal an die blonde Dame im Wartebereich denken, die selber auch in Führerschein umtauschen musste. „41 Jahre habe ich den Führerschein jetzt schon. Wenn der nächste Umtausch wieder so lange dauert, bin ich 102,“ meinte sie zu mir. Ich habe sie dann beruhigt: „Ich glaube, in dem Alter werden wir nur noch gefahren!“

Hintergrund der Umtauschaktion

Hintergrund ist das Ziel, innerhalb der EU ein einheitliches Dokument zum Nachweis der Fahrerlaubnis zu schaffen. Um den bürokratischen Aufwand zu bewältigen, sind nach Jahrgängen gestaffelt die Exemplare bis zum jeweiligen Stichtag bei der örtlichen Führerscheinstelle vorzulegen. 2024 sind dann bis 19. Januar des Jahres die Geburtsjahrgänge 1965 bis 1970 an der Reihe. Nach dem Umtausch bleibt die Fahrerlaubnis im bisherigen Umfang bestehen, lediglich für Berufskraftfahrer gelten Sonderregeln. Die Gültigkeit des neuen Führerscheins ist auf 15 Jahre begrenzt.

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