Überraschende Wende: Wer war der Messerstecher nach dem Olper Schützenfest?
Eigentlich waren die Indizien klar. Ein 18-Jähriger soll nach dem Olper Schützenfest zwei Männer teils lebensgefährlich verletzt haben. Doch war er wirklich der Täter?
Update vom 30. Januar, 16.26 Uhr: Auch das zweite Opfer, das durch mehrere Messerstiche lebensgefährlich verletzt worden ist, ist am Landgericht Siegen angehört worden. Er antwortete sehr klar auf die Frage der Verteidigung, ob auch der Freund des Angeklagten zugestochen haben könnte: „Mit absoluter Sicherheit nicht.“ Er habe dem Angeklagten in die Augen gesehen, als dieser das Messer gezückt und letztlich mehrfach zugestochen habe.
Für das Gericht bleibt die Bewertung dennoch schwierig, denn es hat nun vier Aussagen gehört, in denen sich die Auseinandersetzung zum Tatzeitpunkt jeweils in den Details immer voneinander unterscheiden. Wer hat wann was gemacht? Und wer stand wo? Die Kammer wird diesen Fragen in den nächsten Verhandlungstagen weiter nachgehen. Der zweite Prozesstag geht nun mit den beschriebenen Wendungen erst einmal zu Ende.
Update vom 30. Januar, 15.29 Uhr: Die Wende nimmt weitere Konturen an: Der Freund des Angeklagten, der doch noch zur Verhandlung als Zeuge erschienen ist, nimmt überraschend die Schuld auf sich. Er habe den beiden Opfern die Stiche versetzt, gab er vor Gericht an. Er habe sich dazu entschlossen, jetzt dazu beizutragen, „dass die Wahrheit auf den Tisch kommt“, gab er an.
Doch ob es wirklich so war? Das Gericht hat im Anschluss an diese Aussage das erste Opfer in den Zeugenstand gerufen. Dieser 29-jährige Zeuge sagte aus, er habe zwar kein Messer gesehen, bewertete die Rolle des Freundes aber als passiv und vermutet die Messerstiche durch den Angeklagten.
Messerstecher nach Schützenfest Olpe 2022: Angeklagter macht Aussage
Update vom 30. Januar, 13.55 Uhr: Und eine weitere Wende während der Gerichtsverhandlung. Sah es zunächst danach aus, dass der Freund des Beschuldigten, der plötzlich in den Fokus der Ermittlungen gerückt ist, nicht vor Gericht erscheinen würde, ist der Mann nun doch bei der Verhandlung aufgetaucht. Er wird jetzt angehört.
[Erstmeldung] Olpe/Siegen – Dass ein Beschuldigter in einer Gerichtsverhandlung die Tat abstreitet, ist grundsätzlich nichts ungewöhnliches. Doch im Fall des jungen Mannes, der zwei Männer nach dem Olper Schützenfest mit einem Messer angegriffen haben soll, klingt die Erklärung für den Moment plausibel. Er sagt: Nicht er habe zugestochen, sondern sein bester Freund.
Unbestritten scheint zu sein, dass eben jener bester Freund bei den Taten mit dabei war. Bislang war die Staatsanwaltschaft davon ausgegangen, dass dieser Freund aber nur dabei gestanden habe, nicht aber in die Auseinandersetzung mit dem Messer involviert war. Stattdessen werden dem Beschuldigten die Angriffe auf die beiden Männer mit zwei beziehungsweise mindestens fünf Stichen zur Last gelegt. Doch ob es wirklich so war, erscheint zumindest nach dem zweiten Prozesstag vor dem Siegener Landgericht an diesem Montag fraglich.
Messerstiche nach Olper Schützenfest 2022: Wer war der Täter?
Bereits im allerersten Gespräch mit seinem Rechtsanwalt habe der Beschuldigte geäußert, dass nicht er, sondern ein Freund die Tat begangen habe. Einen Name werde er allerdings nicht nennen. So beschrieb Verteidiger Kretschmer diese ersten Ausführungen seines Mandanten, die aber auf Bitten des Beschuldigten zunächst geheim bleiben sollten.
Der Angeklagte brach sein Schweigen auch nicht, als er in Untersuchungshaft kam. Laut seines Anwaltes habe er gesagt: „Der [sein Freund] geht bestimmt selbst zur Polizei.“
Doch als Monate nach der Tat noch immer keine neue Bewegung in die Ermittlungslage kam, habe der Beschuldigte den Namen und die Handynummer an seinen Anwalt gegeben. Der wiederum rief den Freund an und bat ihn, sich einen Anwalt zu nehmen und mit diesem die Tatnacht noch einmal zu besprechen. Was folgte waren eine Email von besagtem Freund an Angeklagten-Verteidiger Kretschmer und ein weiteres Telefonat – allerdings ohne nennenswerte Erkenntnisse.
Wie also wird sich der Freund zu den Vorwürfen des Angeklagten äußern? Diese Frage hätte an diesem Montag beantwortet werden sollen, weil er als Zeuge geladen war – doch der junge Mann aus Lennestadt erschien unentschuldigt nicht zur Verhandlung. Das Gericht will ihn nun zu einem der nächsten Verhandlungstage zwangsvorführen lassen.
Messerstiche nach Schützenfest Olpe 2022: Zwei Opfer, eines lebensgefährlich verletzt
Unterdessen versuchte die Vorsitzende Richterin Metz-Horst in der Befragung des Angeklagten, so viele Details wie möglich über die Tat in Erfahrung zu bringen. Klar zu sein scheint, dass der Täter und sein Freund vor der Tat Alkohol getrunken, einen oder mehrere Joints geraucht und geringe Mengen Kokain konsumiert haben sollen. In der Nacht vom Schützenfest-Samstag auf den Sonntag, 17. Juli 2022, trafen die beiden dann auf der Schützenstraße auf die Opfer. Hier kam es dann zu einer ersten Rangelei mit dem ersten Opfer, das zwei Messerstiche abbekommen haben soll. Dem folgte wenige Minuten später eine zweite Auseinandersetzung, bei der das zweite Opfer mindestens fünf Mal mit einem Messer attackiert wurde. Dieser Verletzte schwebte in Lebensgefahr; durch eine Not-Operation konnte sein Leben gerettet werden.
Wer hat wen weggeschubst? Wer stand bei den Rangeleien wo? Wer trug welche Kleidung? Wer hat wann etwas von einem Messer gerufen? Solche und weitere Fragen versuchte das Gericht an diesem Montag zu erklären. Nichtsdestotrotz bleibt nach diesem zweiten Prozesstag vieles offen. Am 16. Februar soll die Verhandlung fortgesetzt werden. Ein Urteil wird Mitte März erwartet.