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Olper Historiker befürchten ein „Vergessen“ der Stadtgeschichte

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Von: Christine Kluge

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Haben Sorge, dass die Olper Geschichte mit Wegfall der Stelle des Stadtarchivars vergessen wird (v.l.): Dr. Hans-Bodo Thieme, Dr. Roswitha Kirsch-Stracke und Axel Stracke. © Christine Kluge

Im Olper Rathaus ist Post abgegeben worden und zwar eine ganz Besondere. In einem offenen Brief äußern 93 Unterzeichner ihre Kritik und Meinung zum Wegfall der Archivarstelle. Aber auch Fraktionsvorsitzende und Bürgermeister Peter Weber äußern sich.

Olpe - Widerstand regt sich in Olpe gegen Pläne der Stadtverwaltung. Es wird befürchtet, dass die Olper Geschichte bald vergessen werden könnte und das als Kreisstadt. Um welche Pläne es sich handelt, wissen Dr. Roswitha Kirsch-Stracke, frühere Vorsitzende des Kreisheimatbundes, Axel Stracke, 1. Vorsitzender des Heimatvereins für Olpe und Umgebung, und der passionierte Historiker Dr. Hans-Bodo Thieme genau.

Olpes Stadtarchivar Josef Wermert, der bereits 1989 nach Olpe kam, um die Leitung des Archivs zu übernehmen, geht Mitte des nächsten Jahres in den Ruhestand. Doch seine Stelle soll zukünftig nicht wieder besetzt werden, wenn es nach dem Olper Bürgermeister und der Stadtverwaltung geht. Im Stellenplan der Stadt ist ein sogenannter „kw-Vermerk“ zu finden. Dies bedeutet „künftig wegfallend“.

Die Bedenken von Dr. Kirsch-Stracke, Stracke und Dr. Thieme dagegen sind groß. Sie sehen mit dem Wegfall der Stelle den „Anfang vom Ende eingeläutet“. Ihre Befürchtungen haben sie nach reichlicher Vorbereitungszeit in Worte gefasst. Der offene Brief schildert auf vier Seiten genügend Gründe, warum der Wegfall der Stelle des Stadtarchivars aus ihrer Sicht ein Fehler ist. Dazu haben 93 Menschen aus Olpe und ganz NRW ihre Bedenken und Kritik geäußert. Darunter sind auch Historiker, Wissenschaftler und Archivare.

Dr. Hans-Bodo Thieme suchte jedoch noch weitere Hilfe und hat beim Archivamt des Landesverbandes in Münster angerufen und die Situation geschildert. Der Leiter des Archivamts habe Olpes Bürgermeister Peter Weber gebeten, noch einmal darüber nachzudenken, das Amt des Stadtarchivars zu behalten. Jedoch sei Weber darauf nicht eingegangen.

„Die Aufgaben des Stadtarchivars müssen fortgeführt werden“, betont Dr. Roswitha Kirsch-Stracke. Schließlich würden die Akten gerade digitalisiert und noch immer Schenkungen von Privatpersonen abgegeben. Wer soll sich darum in Zukunft kümmern? „Das ist zu viel Aufwand für eine andere Abteilung. Auch Schüler und Studenten nutzen das Archiv zur Recherche für ihre Arbeiten. Dabei muss der Archivar ihnen angemessen helfen. as ist sogar im Archivgesetz vermerkt. Und das kann nur passieren, wenn eine Leitung da ist.“ Sie gab auch zu bedenken, dass die Hansestadt Attendorn mittlerweile einen zweiten Archivar eingestellt habe: „Wie kann das sein? Und Olpe als Kreisstadt will die Stelle wegfallen lassen.“

Archiv soll weiter genutzt werden können

Dr. Hans-Bodo Thieme sieht Probleme auf die Stadtverwaltung zukommen, wenn kein neuer Archivar eingestellt würde. „Ich sehe es schon kommen, dass eine Angestellte den Schlüssel für das Archiv erhält, drei Stunden am Tag für zwei oder drei Tage die Woche dort sitzen muss und nur die Telefonnummer des Archivamts erhält, falls sie Hilfe benötigt. Es liegt am kulturellen Bewusstsein der Kommunen, das Archiv personell und finanziell auszustatten.“ Er betont, dass die Stelle des Archivars zugunsten der Museumsstelle gestrichen würde. „Der neue Museumsleiter soll das Archiv nutzen können, aber nicht leiten.“ Josef Wermert habe in Thiemes Augen getan, was er konnte, doch allen seien „die Hände gebunden“.

„Wenn das Archiv nur eingeschränkt geöffnet ist, haben wir die Sorge, dass Menschen ihre Schenkungen nicht mehr bringen“, erklärt Dr. Thieme die Bedenken. „Die Stelle muss mit jemandem besetzt werden, der davon Ahnung hat. Sonst habe ich die Befürchtung, dass das Stadtarchiv vor die Hunde geht.“

Auch Dr. Kirsch-Stracke betont, dass die Arbeiten eines Archivars unterschätzt würden: „Die digitale Einsicht in das Archiv muss erneuert werden, es gibt Sammlung von Adressbüchern und sogar Objekte, wie das Modell eines Hauses aus den 50igern. Die Sammlungen sind vielfältig und auch die frühere Geschichte muss jetzt festgehalten werden. Die Stadt verliert ihre Geschichte, wenn niemand sie festhält.“

Axel Stracke sieht dagegen die Zukunft des Jahrbuchs des Olper Heimatvereins gefährdet: „Die zukünftige Herausgabe des Buches kann ohne die redaktionelle Arbeit des Archivars nicht mehr gewährleistet werden.“ Es wäre immer eine enge Zusammenarbeit zwischen Archiv und dem Heimatverein gewesen, die vor 30 Jahren mit dem ersten Buch begonnen habe. Die Bände seien ein wichtiges Publikationsorgan der Olper Geschichte und der Pflege des Heimatgedankens.

Deshalb ist der einheitliche Appell an die Stadtverordneten und Bürgermeister Peter Weber gerichtet, noch einmal über die Entscheidung nachzudenken und die Stelle des Archivars doch zu besetzen.

Das sagt Bürgermeister Peter Weber

Auf Nachfrage des SauerlandKuriers hat sich Olpes Bürgermeister Peter Weber zu der Entscheidung geäußert. Zuerst betont er die „herausragende Leistung“ von Josef Wermert und es wäre nicht so, dass „seine Arbeit nicht geschätzt“ würde. Ganz im Gegenteil. Alleine die vier Bände der Olper Stadtgeschichte seien etwas ganz Besonderes für die Kreisstadt und die Erstellung seien „sehr umfangreich“ und „sehr engagiert“ von Josef Wermert umgesetzt worden.

„Da in diesem Jahr der letzte Teilband erscheint zeigt sich, dass hier ein nicht unwesentlicher Teil seiner bisherigen Tätigkeit entfällt. Das muss bei einer Betrachtung der zukünftigen Aufgabenerledigung natürlich einbezogen werden und genau dies wird in diesem Jahr geschehen“, sagt Peter Weber.

Und ganz endgültig, ob die Stelle des Stadtarchivars gar nicht mehr besetzt wird, ist auch noch nicht klar. Der „kw-Vermerk“ steht erst einmal, wie es in der Sitzung im Dezember 2022 zur Besprechung des Haushalts 2023 besprochen wurde. Das bedeutet, dass erst einmal ohne die Stelle des Archivars für dieses Jahr geplant wird. Allerdings könnte die Stelle in der Sitzung zur Besprechung des Haushalts 2024 wieder in den Plan aufgenommen werden.

Dafür müssen jedoch noch andere Faktoren betrachtet werden. Zuerst einmal ist in der Olper Politik die Entscheidung gefallen, ein neues Museum zu planen. Der Leiter dafür ist seit Anfang Januar im Amt. Und mit diesem Museumsleiter soll sich auch der Blick ein wenig mehr auf das historisch und geschichtliche verschieben. Die Aufgaben des Museumsleiters werden anders, sind aber nicht völlig entfernt von denen des Stadtarchivars: „Josef Wermert betreut als Stadtarchivar auch die Museumssammlung der Stadt.“

„Der Aufgabenbereich wird sich ändern“, erklärt Bürgermeister Peter Weber im Gespräch. „Es werden erst einmal viele Gespräche laufen müssen. Welche Aufgaben des Stadtarchivars kann der neue Museumsleiter übernehmen und welche nicht? Welche Aufgaben aus dem Archiv brauchen wir später noch? Wir müssen erst einmal schauen, wie es sich in diesem Jahr entwickelt und auch mit dem neuen Museumsleiter reden.“

Es ist also nicht ausgeschlossen, dass jemand die Stelle von Josef Wermert weiterführen könnte, ob Vollzeit oder in Teilzeit.

Bündnis 90/Die Grünen

Zaklina Marjanovic, Fraktionsvorsitzende der Olper Grünen zeigt sich auf Nachfrage des SauerlandKuriers betroffen. „Herrn Wermerts Tätigkeit ist unglaublich kostbar für die Stadt Olpe, für die Pflege und Dokumentation der Stadtgeschichte und somit auch für die Heimatverbundenheit. Ein Stadtarchiv ist somit auch prägend für die Identität Olpes. Allerdings ist nun ein Museumsleiter eigestellt, für ein Museum, dass es noch nicht gibt. Herr Wermert ist bis 2024 noch im Dienst, das Museum wird erst ein paar Jahre später entstehen. Ich stelle mir vor, dass ein Museumsleiter ohne Museum sicher auch viel zu planen hat, jedoch bestimmt auch die Kapazitäten hat, das Stadtarchiv, einen zukünftigen Teil des Museums, nachdem Herr Wermert seinen Ruhestand angetreten hat, mit zu betreuen.“

Die Grünen wollen die Veränderungen „eng begleiten“ und falls nötig sich auch für eine weitere Personalstelle einsetzen. Außerdem findet sie es wichtig, die Erfahrung und Meinung von Josef Wermert in diesem „besonderen Falle Gehör zu schenken“ und falls nötig die Entscheidung über die Streichung der Stelle zu überdenken.

Olper SPD

 Der SPD-Fraktionsvorsitzende Volker Reichel lobt erst einmal die Arbeit von Dr. Roswitha Kirsch-Stracke, Dr. Hans-Bodo Thieme und Axel Stracke. Ihnen sei es gelungen in „sachlicher und emotionsfreier Form gute und schlüssige Argumente für den Erhalt der Stelle des Archivars“ zu formulieren. Für die SPD nehme die Arbeit des Stadtarchivars einen hohen Stellenwert ein, den sie „vor den Belangen eines freiwilligen Museums“ stehen sehen.

Schließlich würde das Archiv die historische Identität der Stadt sichern. „Daher ist die fachlich qualifizierte Betreuung des Archivs im Hauptamt unabdingbar. Auf dem Hintergrund, dass wir als SPD-Fraktion die Errichtung eines Museum in Olpe sehr fragwürdig sehen, haben wir uns von Anfang an dafür eingesetzt, dass ein Archivar beschäftigt wird, der im Rahmen seiner Tätigkeit allenfalls museale Ausstellungen organisiert. Der Schwerpunkt sollte klar auf der Archivarbeit liegen“, erklärt Volker Reichel. Für eine Neuauflage der politischen Diskussion über die „Art der Fortsetzung des Archivs sowie die personelle Ausstattung“ hält die SPD für „unabdingbar“.  

Unabhängige Christliche Wählergemeinschaft

Peter Lubig, Fraktionsvorsitzender der UCW Olpe erklärt, dass die „endgültige Entscheidung“ erst Ende des Jahres dann in der Haushaltsberatung mit dem Stellenplan 2024 fallen würde. „In der UCW Olpe hat das Thema Stadtarchiv eine besondere Bedeutung, da mehrere unserer Mitglieder auch im Heimatverein aktiv sind. Von daher bedarf es keiner besonderen Erwähnung, wie sehr die Arbeit von Herrn Wermert von uns geschätzt wird. Für die UCW ist es unabdingbar, dass die bisherigen Aufgaben des Archivars in der bisherigen Qualität weiterhin erbracht werden. Wie dies sichergestellt werden kann, werden wir ergebnisoffen beraten“, sagt Lubig.

Kommentare der Unterzeichner des offenen Briefes

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