1. SauerlandKurier
  2. Kreis Olpe
  3. Olpe

Syrischer Flüchtling will mit bewegender Geschichte Danke sagen

Erstellt:

Von: Sebastian Schulz

Kommentare

Die Stadtverordnetenversammlung hat mit ihrer Zustimmung zur Einrichtung einer Zentralen Unterbringungseinheit des Landes den Weg dafür geöffnet, dass hier im „Regenbogenland“ 400 Flüchtlinge unterkommen können.
Im Regenbogenland in Olpe wurde Nizar im Jahr 2015 aufgenommen. © Archiv

Heute lebt er mit seiner Familie friedlich in Deutschland. Doch als Nizar im Jahr 2015 als Flüchtling nach Deutschland kam, war das anders. Er hat darüber eine Geschichte geschrieben.

Olpe – Als Nizar am 23. August 2015 in Olpe eintraf, hatte er nichts mehr. 55 Jahre war er zu diesem Zeitpunkt alt, Familienvater, Ingenieur, Hausbesitzer. Der Krieg in Syrien hatte ihn und seine Familie zur Flucht gezwungen. In Jordanien, dem Libanon und Libyen fand er keine Zuflucht. Er kam über Lampedusa nach Europa, dann nach Deutschland und schließlich – inzwischen von seiner Familie getrennt – nach Olpe. Und jetzt? War er ein Flüchtling, der sein Leben völlig neu ordnen musste.

Sieben Jahre danach kann sich Nizar an diese Flucht noch gut erinnern. Er kann zurückblicken und mit Fug und Recht sagen, dass er es geschafft hat. Deutschland ist seine Heimat. Er ist kein Flüchtling mehr. Er ist ein Angekommener.

Nizar arbeitet inzwischen als Ingenieur in Haltern am See. Seine Frau leitet ein Pflegeheim in Bochum, seine beiden Töchter und sein Sohn studieren Informatik, Industriedesign oder arbeiten an ihrem Abitur. Als der Familienvater mit seiner Familie kürzlich wieder in Olpe war, trafen sie einen alten Weggefährten Josef Brüser. Brüser ist Mitarbeiter des Ketteler Cardijn Werkes in Olpe und führt hier den „Fairkaufladen“. Dieses Geschäft ist der Dreh- und Angelpunkt für Asylsuchende aus dem Flüchtlingscamp Regenbogenland in Olpe. Entsprechend kreuzten sich im Jahr 2015 auch die Wege von Nizar und Joseph Brüser. Beide sind seitdem eng befreundet.

Nizar hatte Josef einen Text mitgebracht. Eine Geschichte; seine Geschichte. Und wenn man so will: ein Dankeschön. „Ich war sehr gerührt und meine, es sollte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden“, schrieb Brüser wiederum in einem Brief an den SauerlandKurier, dem die Geschichte von Nizar beilag.

Wir wollen dieser Bitte sehr gerne nachkommen. Denn gerade in schwierigen Zeiten wie diesen ist es wichtig, nicht nur das Negative zu sehen, sondern auch Danke sagen zu können.

Die Geschichte von Nizar

s gab einmal einen Mann mit seiner Familie. Sie lebten in einem großen schönen Haus. Die Familie arbeitete, hatte Geld und alles, was sie wollte. Die Kinder lernten in der Schule und hatten Spaß. Eines Tages aber sind viele Sachen passiert. Es war Krieg in der Stadt, in der sie lebten und alles, was sie hatten, war weg. Die Eltern verloren ihre Arbeit. Das schöne Haus ist zerstört. So landeten sie auf der Straße. Der Mann ging also zu seinen Brüdern und bat sie um Hilfe. Er ging also zu seinem ersten Bruder und sagte: „Ich habe alle verloren. Bitte hilf mir und meiner Familie.“ Der Bruder sagte: „Ich habe bei mir keinen Platz für dich! Ich muss mich um mich selbst und meine Kinder sorgen. Jetzt geh und komm nie wieder. Ich will dich hier nicht mehr sehen.“ So schloss er die Tür; der Mann musste gehen.

Er ging zu seinem zweiten Bruder und sagte: „Ich habe alles verloren. Bitte hilf mir und meiner Familie.“ Der Bruder meinte dann: „Ich kann dir nicht viel helfen. Ich habe keinen Platz bei mir Zuhause und ich werde dir kein Geld oder Essen geben. Du kannst aber im Keller wohnen und dich selber um dich und deine Familie kümmern.“ Der Mann hatte keine andere Wahl als zuzustimmen. Er wohnte also im Keller und die Kinder seines Bruders gingen manchmal heimlich runter und gaben ihnen etwas zu essen.

Nach einer Weile wollte der Bruder den Mann nicht mehr im Keller haben. Also schickte er ihn wieder fort. Der Mann landete also wieder auf der Straße und bat seinen dritten Bruder um Hilfe. Der dritte Bruder sagte dann: „Ich habe bei mir Zuhause keinen Platz für dich, Geld kann ich dir auch nicht geben, aber du kannst im Hintergarten in einem Zelt wohnen. Der Mann und seine Familie lebten also in diesem Zelt für eine Weile und die Kinder des Bruders gingen auch heimlich zu dem Mann und seiner Familie und gaben ihnen etwas zu essen.

Es war schwer und alle waren traurig.

Die Tage vergingen und der Bruder schickte den Mann nach einer Weile auch fort. Der Mann und seine Familie landeten also noch einmal auf der Straße und sie hatten kein Zuhause mehr. Keiner wollte ihnen helfen. Sie liefen durch die Straßen und sahen eine große Villa. Darin lebte eine reiche Familie. Der Mann entschied sich also, an der Tür zu klopfen.

Als der Familienvater die Tür öffnete, bat der Mann um Hilfe. Der Familienvater ließ ihn rein und sagte: „Erzähl mir deine Geschichte und ich werde dir helfen.“ Danach meinte der reiche Familienvater: „Ich habe viele Kinder, aber ich habe noch ein Zimmer frei. Dort kannst du wohnen. Ich werde dir auch Geld und Essen zur Verfügung stellen.“ So wohnten der Mann und seine Familie bei der reichen Familie. Die Kinder der reichen Familie waren alle verschieden. Manche waren nett, aber es gab auch welche, die den Mann hassten. In dieser Zeit lernten die Kinder des Mannes in der Schule und der Mann und seine Frau konnten wieder arbeiten und Geld verdienen. So konnte sich die Familie nach einer Zeit Essen und eine Wohnung leisten und ihr Leben friedlich weiter leben. Sie waren alle sehr dankbar und hatten viel Respekt für die reiche Familie – vor allem für den Familienvater, weil er ihnen sehr geholfen hat und sie wie seine eigenen Kinder behandelt hat.

Das ist meine Geschichte.

Der Mann, der alles verloren hat, bin ich.

Die Brüder sind die arabischen Regime.

Deren Kinder sind die arabischen Völker.

Der reiche Mann ist Deutschland.

Dessen Kinder sind die deutschen Parteien.

Auch interessant

Kommentare