Die physische Präsenz der Darsteller, ihre expressive Kraft lässt die ausgefallene Aufmachung selbstverständlich wirken. Westermeier steckt immer wieder in engen Räumen, am extremsten in der Doktorszene, wo ihn Miskovic in einem gläsernen Popcorn-Wagen auf die Szene schiebt und über ihn schwadroniert, während er sich zwischen grünen Papiererbsen zusammenfaltet und mit dem Finger an die beschlagene Scheibe „Hilfe“ schreibt. Schrecklich komisch. Dann wieder wirkt er wie eine tickende Bombe, wenn er von den Freimaurern fantasiert, die alles unterwühlen. Während er von Verschwörungen fabelt, bückt er sich und bleckt Zähne und blickt böse.
Es funktioniert: Die meisten Figuren hat die Regisseurin gestrichen, nur der Tambourmajor, Maries reicher Liebhaber, wird als Stimme aus dem Off eingespielt. Aber das traurige Märchen der Großmutter passt auch, wenn Linda Elsner es erzählt. Ihre Marie ist nicht weniger zerrissen als Woyzeck, der sie als Teufel anspricht. So sieht sie aus. Wenn sie ausruft: „Ich bin ein Mann“, eigentlich ein Satz des Tambourmajors, ist das mehr als Gender-Koketterie. Es nimmt die Figur aus der Opferrolle, zeigt sie als handelndes Subjekt. Sie spricht am Schluss vom „guten, schönen, echten Mord“. Da kann man sich die eigentliche Tat sparen.
Großer Beifall für einen intensiven Abend.
23., 28., 30.9., 9., 16., 23.10., Tel. 0231/ 50 27 222, www.theaterdo.de