DJ Hell, Star der Elektro-Pop-Szene, und die Künstlerin Stacie Ant gehen in ihrem Musikvideo „Out Of Control“ (3 Min.) noch weiter. Nach Corona sind die Sadomaso- und Bondage-Spiele in einer animierten Künstlichkeit erstarrt, ohne menschliche Teilhabe. Die Filmemacher montieren in die Datendatei ihrer glatten Figuren noch natürliche Augenpaare ein – eine Störung der Oberfläche. Kühle Elektromusik dominiert die überwältigenden Bilderstrudel aus Körpern.
Die Kurzfilmtage haben sich aber nicht dem Corona-Thema ergeben. Die Programme sind vielfältig, die Filmgenres in Bewegung – ein Qualitätsmerkmal des kurzen Films. Der neue Deutsche Online-Wettbewerb zeigt zwölf Beiträge aus 250 Einreichungen. Neben Migrationserfahrungen, Schreckszenarien aus der Fleischproduktion und Erinnerungsarbeit ist Deborath Jeromin über deutsche Geschichte gestolpert. „Verwundene Fäden“ (40 Min.) ist eine dokumentarische Archivarbeit, die mit viel Gespür das ambivalente deutsch-griechische Verhältnis skizziert. Filmemacherin Jeromin fand in einer Kleingartenanlage in Leipzig-Lindenau („Hoffnung West“) Anleitungen zur Zucht von Seidenspinnern. 1933 entwickelte sich im Freizeitbereich ein Stückchen Kriegswirtschaft. Aus den Kokons wurden Seidenfäden für Fallschirme produziert. Sorgsam bebildert Jeromin ihre Aktenfunde („Düngung der Maulbeere“) mit Propaganda-Bildern der NS-Zeit, aktuellen Recherchen und mit Interviews griechischer Frauen („Ich war 16 Jahre“), die von deutschen Fallschirmspringern 1941 auf Kreta erzählen und von den Gräueltaten berichten können. Die Fallschirmseide ist der Erinnerungsträger. Der Film stellt die Leiden von Frauen zur offiziellen Geschichtsschreibung.
In Oberhausen werden am 10. Mai 27 Preise mit einer Preissumme von rund 52 000 Euro vergeben.
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