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Ukraine: Im Schatten des Krieges bewahren Helferinnen verletzte Hunde vor dem Tod

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Von: Susanne Stockmann

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Ein Hund steht in der Nähe russischer Panzer, die bei jüngsten Kämpfen beschädigt wurden
Ein Hund steht in der Nähe russischer Panzer, die bei jüngsten Kämpfen beschädigt wurden. © Efrem Lukatsky/AP/dpa

Über 13 Millionen Haustiere lebten vor Kriegsbeginn in der Ukraine, nicht alle konnten mit ihren Besitzern fliehen. Tausende sind in zerstörten Orten auf sich allein gestellt - ohne Futter, sauberes Wasser und Betreuung: ein Hundeleben im Krieg, das zwei Ukrainerinnen unter großem Einsatz lindern.

Eigentlich sind sie von Beruf Wirtschaftswissenschaftlerin und Polizistin, seit Kriegsbeginn haben Maryna K. (39) und Alina P. (34) zusätzlich zu ihren Jobs in ihrer Heimatstadt Babynez in der Nähe von Butscha und Irpin das Tierheim Babinetskyj aufgebaut. Sie konnten und wollten nicht tatenlos mitansehen, wie immer mehr verlassene Hunde durch die Straßen irrten.

Maryna K:: „Es waren unzählige. Es handelt sich um brave Haustiere, die gar nicht an die Überlebensbedingungen auf der Straße angepasst sind. Viele Tiere waren in Häusern oder Gehegen eingesperrt, sie wurden fast verhungert gefunden, andere starben einen schrecklichen Tod. Auch bei Gefechten oder durch Minen kamen viele Hunde ums Leben oder wurden zum Teil verletzt.“ Einige hatten keine Pfoten mehr, sie wurden verstümmelt durch Minen und Granatsplitter.

Ukraine-Krieg fordert zahlreiche Opfer auch bei den Tieren

Bei Maryna und Alina leben jeweils immer rund vier bis fünf Hunde mit in der Wohnung. Die Tiere sind traumatisiert durch Bombenangriffe und den Verlust ihrer menschlichen Familie. Maryna: „Manche Hunde haben wir gerettet, die kurz darauf in unseren Armen starben: Ihr Herz und ihr Lebenswille waren gebrochen.“ Aktuell werden in dem Tierheim 79 Hunde, 44 Welpen sowie eine Katze versorgt. Die Lehrerin und die Kommissarin versuchen, die Hunde aufzupäppeln, um dann neue Besitzer in der Ukraine und im Ausland für sie zu finden.

Maryna (39) mit zwei Hunden im Auto sitzend
Maryna (39) braucht Unterstützung, um ihr Tierheim zu vergrößern. © FKN

Täglich kommen im Ukraine-Krieg neue Tiere dazu. Die beiden Tierfreundinnen arbeiten mit dem Militär zusammen, das in zurückeroberten Gebieten herrenlose Hunde aufspüren und ins Heim bringen kann. Diese armen Kreaturen sind meist in einem gesundheitlich sehr schlechten Zustand, sie haben sich von Aas ernährt, leiden unter Vergiftungen. Einige sind verstümmelt. Alle Hunde müssen zunächst ärztlich versorgt werden, das kostet. Ebenso wie der Bau neuer Unterkünfte, um noch mehr Tieren vor einem elendigen Tod auf der Straße zu retten. Maryna sagt: „Das Ganze ist ein ungeheurer Organisationsaufwand, es ist harte Arbeit und kein rosaroter Traum a la: Wir retten alle Tiere. Aber wir arbeiten sehr gut zusammen, wir haben schon viel geschafft.“

Spendenaktion Ukraine: Tiere aufgrund des Krieges in Not - Hunde traumatisiert

Vom Staat gibt es dafür keine Unterstützung, Maryna und Alina greifen auf eigene Ersparnisse zurück, sie sind auf ihre privaten Unterstützer und Spenden angewiesen. Aber die beiden haben dennoch große Wünsche: Sobald es möglich ist, wollen sie eine eigene kleine Tierklinik auf dem Gelände ihres Heimes errichten. Viele Hunde sind einfach so krank, dass es einfacher wäre, sie vor Ort zu behandeln. Sie versuchen von Tag zu Tag zu leben. Maryna sagt: „Eine Rakete kann jederzeit einschlagen und jeder kann sterben. Wir haben nicht oft Strom. Heute geht es vielleicht gut, morgen werden wir sehen, wir müssen einfach durchhalten. Wir alle warten auf den Sieg!“

Jede Hilfe ist willkommen

Wer helfen möchte, findet auf folgenden Social-Media-Kanälen weitere Informationen:

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Auch stehen der Münchner Patrick Freiwah unter pfreiwah@aol.com und Oksana Leicht unter oksana.leicht@web.de für Auskünfte zur Verfügung, die von München aus eine Spendenaktion für das Tierheim Babinetsky organisieren.

Viele Hunde eingesperrt in einen großen Käfig.
76 Hunde werden aktuell in dem Tierheim bei Buchta versorgt. © FKN

Ukraine-Krieg: Der Winter hat die bedrohliche Lage verschärft

Vor einem Jahr, vor Kriegsbeginn, lebten in der Ukraine 13,4 Millionen Haustiere, 57 Prozent der Ukrainer lebte mit mindestens einem Tier im Haushalt. Tausende nahmen ihre Hunde und Katzen mit auf die Flucht, andere sahen keinen anderen Weg, als sie auszusetzen. In der Landwirtschaft gab es laut Statistiken drei Millionen Kühe, 200 Millionen Hühner und sechs Millionen Schweine.

Viele Landwirte kümmern sich in Lebensgefahr um die Versorgung. Aber häufige Stromausfälle machen die Lage auch dort schwierig, wo es keine Kämpfe oder Bombardements gibt. Ohne Strom können Kühe nicht gemolken werden, sinkt in Ställen die Temperatur drastisch. In Cherson starben laut „Vier Pfoten“ Millionen Hühner in der größten Legehennen Fabrik Europas, weitere drei Millionen Hennen wurde notgeschlachtet.

Viele einheimische und internationale Tierschutzorganisationen helfen vor Ort, bringen Tiere, darunter auch viele Zootiere, außer Landes. Aber der Winter hat die Lage der Tiere im Krieg noch einmal verschärft.

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