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A45-Brücke könnte Hendrik Wüst den Weg nach Berlin versperren 

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Von: Alexander Schäfer

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Für den Hendrik Wüst ist der mögliche Weg nach Berlin nicht leicht. Eine Autobahnbrücke auf der A45 könnte dem NRW-Ministerpräsidenten alles versperren.

Siegen – So schnell kann es gehen in der Politik: Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, gilt zwar immer noch als möglicher Kanzlerkandidat der Union in zwei Jahren. Doch aus dem vermeintlichen Brückenbauer zwischen Konservativen und Modernen und damit möglichen Alternative zu Parteichef Friedrich Merz ist, so ein Kommentar der vergangenen Woche, „der große Heimlichtuer“ geworden. Eine Brücke könnte Wüsts Weg nach Berlin erschweren oder gar versperren.

A45-Brückte könnte Hendrik Wüst den Weg nach Berlin versperren

Es geht um die Autobahnbrücke der A45 über dem Rahmedetal bei Lüdenscheid. Die marode Brücke ist seit mehr als einem Jahr gesperrt, und so fahren seit Monaten Tausende Lkw und Pkw pro Tag durch die Stadt im Sauerland. Für die Anwohner ist das ein schwerer Schlag, aber auch für die ganze Region.

Insbesondere für die Wirtschaft in Südwestfalen. Arbeitgeber verlieren Aufträge, Arbeitnehmer wechseln den Arbeitsplatz. Lange hat es gedauert bis die Dimension der Sperrung eines Autobahnabschnitts zwischen Dortmund und Frankfurt in der Landeshauptstadt Düsseldorf und dann in der Bundeshauptstadt Berlin angekommen war. Experten gehen von einem volkswirtschaftlichen Schaden in Höhe von 1,8 Milliarden Euro aus – für fünf Jahre gerechnet.

So lange wird es wohl dauern, bis eine neue Brücke steht. Entsprechend groß ist auch der politische Schaden. Betroffen davon ist auch Hendrik Wüst. Die Verschiebung des Neubaus der Brücke fiel nämlich in seine Amtszeit als NRW-Verkehrsminister – ehe er als Nachfolger von Armin Laschet in die Staatskanzlei am Rhein zog. Doch erst tat der heutige Ministerpräsident so, als ob er mit der kaputten Brücke nichts zu tun habe. Dann schob Hendrik Wüst die Verantwortung auf die Experten, um letztlich einzuräumen, dass es doch einen – Zitat – „Informationsfluss“ in sein Ministerium gegeben habe. Zu seiner persönlichen Verantwortung und der konkreten Frage, wann er was von der Brücke wusste, schweigt Wüst jedoch.

Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, nimmt an der Landtagssitzung teil. Die Abgeordneten debattierten unter anderem über die gesperrten A45-Rahmede-Talbrücke.
A45-Brückte könnte Hendrik Wüst den Weg nach Berlin versperren  © David Young/dpa

NRW-Landtag: Opposition schließt Parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht mehr aus

Und so schließt die Opposition im Düsseldorfer Landtag einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht mehr aus. Die AfD-Fraktion hat diesen sogar bereits beantragt. SPD und FDP gehen soweit noch nicht, sie attestieren Wüst allerdings nicht zuletzt angesichts gelöschter E-Mails rund um das Thema Brücke ein Glaubwürdigkeitsproblem. Wüst müsse sein Schweigen brechen. „Ansonsten stürzt er in eine immer tiefere Vertrauenskrise“, sagt ausgerechnet der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Christof Rasche, der bis Mai 2022 als FDP-Fraktionschef noch eng mit Wüst gemeinsam regiert hat. Am 13. Februar hat Wüst in einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses im Landtag Gelegenheit dazu. Die Opposition fordert einen früheren Sitzungstermin.

Ein Untersuchungsausschuss könnte unangenehm für Wüst werden und sich wie der Brückenneubau in die Länge ziehen. Sollte die Union aus welchem Grund auch immer anstelle von Merz einen anderen Kanzlerkandidat suchen, sollte Wüst nicht mit einer Brücke im Sauerland beschäftigt sein. Merz hatte angekündigt, dass spätestens im Frühherbst 2024 der Kandidat feststehen soll. Zur Erinnerung: Als Armin Laschet um die Pole Position in der CDU kämpfte, fasste er das, was ein Politiker, ein Parteichef, ein Bundeskanzler zum Erfolg braucht, in einem kurzen Satz zusammen: „Es geht um Vertrauen.“

Am Dienstagabend nahm Wüst beim Jahresempfang der Industrie- und Handelskammer Siegen teil. Siegen ist die Ausfahrt Nummer 21 an der A45. Der IHK-Präsident Walter Viegener bezeichnete die Sperrung der A45 als einen „Super-Gau“. Die IHK gehört deshalb dem Aktionsbündnis A45 an, das den schnellstmöglichen rechtssicheren Neubau der Autobahnbrücke fordert. Beim Jahresempfang der IHK Siegen 2022 versprach der zuständige Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) die Sprengung der Brücke noch im selben Jahr. Doch die marode Brücke steht noch immer – als Mahnmal gescheiterter Infrastrukturpolitik in Deutschland.

Was hatte Hendrik Wüst mit dem Brücken-Desaster zu tun?

Deshalb beschäftigt die Menschen durchaus die Frage, wie es zu dem Brücken-Desaster kommen konnte und was der Ministerpräsident damit zu tun hat. In Siegen wies Wüst tatsächlich darauf hin, dass in seiner Amtszeit eine Brücke kaputt gegangen sei. Er nannte jedoch eine Rheinbrücke bei Duisburg, nicht die A45-Brücke. Für deren Neubau mahnte er das von Kanzler Olaf Scholz propagierte Deutschland-Tempo an. Der Neubau müsse schneller gehen, die Rahmedebrücke könnte, so Wüsts Hoffnung und Forderung zugleich, ein Projekt des neuen Tempos sein. Denn: „Die Rahmede-Brücke kann überall in Deutschland sein.“ Hunderte Brücken gelten allein in NRW als besonders sanierungsfällig.

Wüst zählte Maßnahmen seiner Regierung auf, um die Lage vor Ort zu verbessern. Beispielsweise Tilgungszuschüsse für Unternehmen oder digitaler Unterricht für Azubis – damit diese nicht nach Dortmund fahren müssten. „Das machen sie nämlich nicht, wenn sie Jahre fahren müssen“, so Wüst.

Blick nach Berlin: Wüst hielt sich mit bundespolitischen Ambitionen bislang zurück. Allerdings nutzte der 47-Jährige am vergangenen Wochenende den Jahresempfang der NRW-CDU dazu, sich als Politiker zu präsentieren, der mehr als „nur“ ein Landesfürst ist. Im Beisein von EU-Präsidentin Ursula von der Leyen warnte Wüst vor einer Verschlechterung der deutsch-französischen Beziehungen. Wüsts politische Interessen enden eben nicht im Sauerland.

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