Bei Pulau könnte man ja auch denken, es handelt sich um eine Ortsnamen-Helau-Kombi, aber hier steckt viel mehr dahinter. Hinter Pulau verbergen sich nämlich drei lustige Gesellen in Reiste, die sich vor 25 Jahren einfach mal dachten, sie müssten mit einem Rasenmähertrecker und einem Bollerwagen – drapiert mit Luftballons und Sonnenschirmchen – einen Rosenmontagszug durchs Dorf starten.
Und weil den Dreien dann auffiel, dass richtige Karnevalisten auch einen Prinzen brauchen und man gerade zufällig während des Zuges vor Elektro Plugge stand, klingelte man sich zu Inhaber Rudolf Plugge und ernannte ihn zum ersten Reister Karnevalsprinzen. „Dieser war so verdutzt, dass er keine Zeit hatte, sich zu wehren“, heißt es dazu in den Reister Annalen. Da Rudolf Plugge in Reiste mit seinem Spitznamen Pudel gerufen wird, hieß der Schlachtruf „Pudel Helau“. Das wurde dann später abgekürzt – ins heutige Pulau.
Zurück zum Karneval im Kreis Olpe, genauer: ins Drolshagener Land. Hier, in Schreibershof, überdauert bis heute das Schreiho, das Karina Wolniczak, Vorsitzende der Frauengemeinschaft Schreibershof, jedes Jahr beim Frauenkarneval rufen lässt. Wann und wie es entstanden ist? „Dazu habe ich mir noch nie Gedanken gemacht“, gesteht Karina Wolniczak. Jedenfalls tauchte nach unserer Anfrage ein Orden von 1987 auf, in dem das Schreiho bereits verewigt ist.
„Vielleicht ist es einfach aus einer Schrei-Laune heraus entstanden“, mutmaßt Wolniczak, die sich nach eigener Aussage noch nie so lange über das Schreiho unterhalten hat wie in diesem 12.27 Minuten langen Telefonat mit unserer Redaktion... Na, wenn das mal keine Investigativrecherche war!
So richtig erinnern kann sich auch in Maumke niemand, wie das Mau Mau entstanden ist. Die heißeste Spur hatte noch Thomas Schulte, erster Karnevalsprinz von 1989, der sagt: „Bei den Prunksitzungen in den 80ern ohne Prinz hat es das Mau Mau noch nicht gegeben. Das muss dann irgendwer mal irgendwann reingerufen haben“, sagt Schulte. Chapeau! Fast nirgendwo anders ist die Symbiose aus Ort und Narrenruf so passend wie bei Maumke Mau Mau.
Halei – das ist der typische Narrenruf im hochsauerländischen Medebach. Ausgedacht hat sich diesen Narrenruf vor gut 70 Jahren ein Narr namens Ignatz Kloska, der Halei als Abkürzung für Heiter, Anständig, Lustig und Einig kreierte. Seitdem ist der Spruch in Medebach gesetzt – und seit rund 35 Jahren gibt es auch das Halei-Lied, das hier jedes Kind kennt. Und jetzt im Chor: „Meeeedebach Halei – Allllle sind dabei!“
Noch älter als das Halei ist das Helau Mäntau aus Arnsberg. Dieser Narrenruf geht auf die lange Geschichte des Arnsberger Karnevals zurück, die urkundlich im Jahre 1860 mit der Karnevalsgesellschaft von „Mäntau 1860“ ihren Anfang nahm. Im Laufe der Zeit ist daraus die Kleine Arnsberger Karnevalsgesellschaft entstanden, kurz Klakag, die mit Bezug auf ihre Geschichte das „Helau Mäntau“ etabliert hat.
„Die Wörter ‘män’ und ‘tau’ entstammen dem sauerländischen Plattdeutsch, dem suierländske Pattdiusk“, wie der Rektor in Ruhestand Hans-Josef Albrecht aus Arnsberg gegenüber unserer Zeitung erklärt. Das Wort „män“ bedeute wörtlich „nur“, das Wort „tau“ „zu“ – also: „Nur zu“. Beim Karneval mitzumachen, wird in Arnsberg also schon durch den Narrenruf verdeutlicht.
Deutlich tierischer geht es nur ein paar Kilometer entfernt von Arnsberg zu – nämlich unter anderem in Neheim. Dort sagen die Karnevalisten Möppel Wau Wau. Warum? Weil Neheim aus nicht ganz historisch belegten Gründen die Stadt des Möppels ist. Und so kamen Karnevalisten in Neheim offenbar schon 1853 auf den Hund, denn aus diesem Jahr existiert ein Orden mit der Inschrift Wau Wau auf der Rückseite, dessen Abbild unserer Redaktion artig vorgezeigt wurde.
Im Laufe der Zeit wurde dann aus dem griesgrämigen Gesicht des Möppels ein freundlicher, frech lachender Möppel, der es nicht nur auf Orden und Wappen der KG Blau-Weiß Neheim schaffte, sondern als Plüschtier zum Beispiel auch auf den Zeremonienstab des Kinderprinzen. Und weil es der Möppel offenbar alleine ein bisschen trostlos fand, haben ihm die Neheimer im Jahr 2009 eine Möppeline zur Seite gestellt, sodass Möppel und Möppeline nun zu zweit durch Neheim möppel-wau-wauen können.
Tierisch bleibt es in Hövel (Sundern), wo die Karnevalisten schon immer und bis heute Hövel Miau rufen. Früher soll man über die Höveler als „Hüwelsker Bölse“, also Höveler Kater, gesprochen haben. Daraus ergab sich dann der Schlachtruf „Hövel Miau“. Und der Kater begleitet einige Karnevalisten in der Karnevalszeit nicht nur beim Narrenruf...
Karneval und Katzen gibts auch in Attendorn. Hier leben die Kattfiller, also die Katzenmörder (aber keine Angst, so schlimm sind die Attendorner nicht!). Der Narrenruf geht auf eine Sage zurück, die in Attendorn nicht nur an Karneval omnipräsent ist: Auf der Jagd nach dem Erzbischof im Jahre 1583 zielte ein Schütze mit der Armbrust auf den Bischof, den er an einem Fenster der Burg Bilstein vermutete. Sein Schuss traf – allerdings nicht den Bischof, sondern eine „eine schlohweiße Mauerkatze“, wie es in der Sage heißt. So entstand der Beiname „Kattfiller“, den die Karnevalisten aus Attendorn (oder Klein-Colonia) heute noch gerne als Schlachtruf verwenden.
Ähnlich wie in Attendorn ist auch der Narrenruf in der Kreisstadt Olpe mit der Stadtgeschichte verbunden. Die Panne(n)klöpper waren Kessel- und Pfannenschmiede, die der Region und den sauerländischen Handelsleuten mehrere Jahrhunderte lang Ansehen und Wohlstand und den Olpern diesen Beinamen brachten. Die Karnevalisten griffen das als Narrenruf auf und grüßen mit einem Dreifachen Panne-Klöpper.
Zu guter Letzt führt unsere Auflistung noch einmal ins karnevalsverrückte Attendorn, wo die Karnevalsgesellschaft (KG) Isch kanns den Narrenruf Hömma Ischluss etabliert hat. Diese KG ist aus dem Abiturjahrgang 2001 des St. Ursula Gymnasiums entstanden, in dem ein paar Karnevalsverrückte schon in Stufe 8 mit kleinen Karnevalsfeiern begannen.
Daraus erwuchsen schließlich das Abimotto „Nur wer übers Abi lacht, feiert richtig Fassenacht“ und schließlich der Narrenruf „Hömma Ischluss“. Der geht auf einen Lehrer zurück (Name darf nicht genannt werden!), der die Schüler mit einem „Hör mal, [jetzt] ist Schluss“ ermahnte und die Wörter so aneinanderreihte, dass alle nur Hömma Ischluss verstanden. Und so gilt heute für die Feiern in Ennest, bei denen der Prinz übrigens Gummihuhn und Gartenkralle trägt, ebenso wie für diesen humorigen Bericht: „Drei Mal vun Hätze: Hömma Ischluss!“