Paukenschlag aus Garmisch: Sport-Star Neureuther plädiert für Boykott von Olympia 2022 - „Wäre dafür zu haben“

Für Ski-Ass Felix Neureuther ist ein Boykott von Olympia 2022 in China denkbar. Der Sport-Star aus Bayern könnte sich außerdem vorstellen, DOSB-Präsident zu werden.
München/Garmisch - China* rückt zwischen dem 4. und 22. Februar in den Fokus der Weltöffentlichkeit. Dann, wenn in dem riesigen asiatischen Land Olympia 2022 in Peking* ausgetragen wird. Die Vergabe der Winterspiele an die kommunistische Volksrepublik stieß auch auf Unverständnis. Unter anderem wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen gegen die Uiguren.
So hatte bereits der britische Politiker Iain Duncan Smith einen Boykott der Winterspiele gefordert, um ein Zeichen gegen Chinas „aggressive und diktatorische“ Politik zu setzen. Und Systemkritiker Ai Weiwei erklärte: „Die Hoffnungen waren scheinheilig. Denn das Interesse, an Chinas Wirtschaftsmarkt teilzunehmen, ist viel größer als auf die Menschenrechte zu achten. Diese Hoffnungen waren nur dazu da, die Öffentlichkeit im Westen zu verwirren.“ Markant: Der chinesische Künstler war vor Olympia 2008 am Entwurf für das „Vogelnest“ genannte Nationalstadion beteiligt.
Felix Neureuther: Wintersport-Star aus Bayern bringt Boykott von Olympia 2022 ins Spiel
Jetzt plädiert auch der deutsche Sport-Star Felix Neureuther dafür, über einen Boykott von Olympia 2022 nachzudenken. „Man müsste die Richtlinien so umschreiben, dass nur noch die Orte Olympische Spiele bekommen, die dafür geeignet sind und wo die Menschen sich nachhaltig über das Erbe dieser Spiele freuen können. München mit seinen Sommerspielen von 1972 ist ein hervorragendes Beispiel“, sagte das Ski-Ass aus Bayern der Augsburger Allgemeinen: „Peking mit seinen Eingriffen in die Natur und mit den menschenrechtlichen Problemen hätte nach meinen Vergabe-Anforderungen sicher keinen Zuschlag bekommen.“
Ich wäre für so einen Boykott zu haben.
Der 37-jährige aus Garmisch-Partenkirchen* erklärte weiter: „Wenn ein DOSB zum Beispiel mit Rückendeckung der Bundeskanzlerin sagen würde: Wir kommen nicht zu Olympischen Spielen, wenn Menschenrechte nicht eingehalten, Nachhaltigkeitsauflagen nicht erfüllt werden oder Teilnehmer vor Ort im Quarantänefall keine Möglichkeiten haben, vom DOSB oder der Botschaft anständig betreut zu werden – dann hätte das schon eine andere Dimension.“
Dies könne aber nur gelingen, wenn auch die Politik hinter einem solchen Schritt stünde und garantierte, „dass der Leistungssport für die Ausfälle entschädigt wird, die ihm durch den Verzicht entstehen“, meinte der Sieger von 13 alpinen Weltcup-Rennen weiter.
Im Video: „Ich will zu Olympia, nicht nach China“
Welche Konsequenz er ziehen würde? „Ich wäre für so einen Boykott zu haben. Ich würde aber verstehen, wenn sich andere Sportler total dagegen wehren. Andererseits bin ich fest davon überzeugt, dass sich viele diesem Thema verschreiben würden, wenn sie erkennen würden, dass sie damit tatsächlich etwas verändern können“, sagte der Oberbayer, der in München geboren wurde, weiter: „Die Sportler sollten in jedem Fall nicht die Leidtragenden sein. Das gelänge aber wie gesagt nur, wenn sich Politik, DOSB und Athleten einig sind. Das wäre auch eine Aufgabe und eine Herausforderung für den neuen DOSB-Präsidenten. Ich würde einen solchen Schritt jedenfalls angehen.“ Aktuell arbeitet Felix Neureuther unter anderem als Wintersport-Experte für die ARD.
Felix Neureuther: Wintersport-Star aus Bayern schließt Amt im DOSB nicht aus
Sein Einfluss ist begrenzt. Doch das könnte sich ändern. So antwortete er auf die Frage, ob er sich künftig das Amt des Präsidenten des Deutschen Sportbundes (DOSB)* vorstellen könne: „Wenn ich das Gefühl habe, ich könnte wirklich etwas zum Positiven verändern - dann wäre ich dabei. Aber in Kenntnis der derzeitigen Verbandsstrukturen sehe ich da wenig Chancen.“
Als er im Frühjahr 2019 seine Karriere beendete, hatte der Ski-Star aus Garmisch-Partenkirchen noch erklärt, er könne sich keine Zukunft als Sportfunktionär vorstellen. „Das würde mich wahnsinnig machen“, sagte er damals der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Jetzt geht er mit einem polarisierenden Plädoyer voran. (pm) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA