Offene Worte - Thomas Dreßen spricht über „depressive Phasen“ und das Ende mit Red Bull

Nach langer Leidenszeit kehrt Thomas Dreßen zurück in den Weltcup im Ski alpin. In einem bemerkenswerten Gespräch spricht er über seine lange Pause, das Ende der Partnerschaft mit Red Bull und seine Ziele für die neue Saison.
Herzogenaurach - Am 7. März 2020 bestritt Thomas Dreßen sein letztes Rennen im Ski-Alpin-Weltcup. Einen kurzen Abstecher bei der Weltmeisterschaft 2021 in Cortina d‘Ampezzo legte der Mittenwalder noch ein. Seitdem stand er bei einem offiziellen Wettkampf nicht mehr auf der Piste. Nun ist ein Ende der Leidenszeit in Sicht.
Aus Herzogenaurach berichtet Tobias Ruf
Gut gelaunt trat der 28-Jährige in Herzogenaurach vor die Presse, als die deutschen Speedfahrer im Ski alpin frisch von der Wintereinkleidung kamen. Dreßen wirkte tiefenentspannt und voller Zuversicht.
Ski alpin: Thomas Dreßen absolviert reibungslose Vorbereitung
„Ich konnte im Frühjahr super trainieren. Auch fahrerisch war das wieder gut, die Zeiten haben gepasst. Im Sommer haben wir ein Programm gefunden, das einfach funktioniert. Die ersten Schneetage in Zermatt liefen super, auch das Trainingslager in Chile war einwandfrei. Ich kann nichts Negatives berichten“, sagte Dreßen.
Eigentlich wollte der 28-Jährige am Samstag sein Comeback im Ski-Weltcup feiern. Nach der Absage der Abfahrtsrennen am Matterhorn müssen Dreßen und seine Teamkollegen noch bis Ende November warten, ehe es dann im kanadischen Lake Louise mit den ersten Speed-Rennen der Saison wieder losgeht.
Dass Dreßen dort aller Voraussicht nach gesund und guten Mutes an den Start gehen wird, ist alles andere als selbstverständlich. Noch vor dem ersten Corona-Lockdown bestritt er sein letztes Weltcup-Rennen. Dann meldete sich der Körper - und wie.
Es begann mit Hüftproblemen, die eine Operation erforderten. Der Mittenwalder kämpfte sich zurück, ehe das Knie einen dicken Strich durch die Rechnung machte. Ein Knorpelschaden setzte den fünffachen Weltcupsieger außer Gefecht.
Dreßen fällt in mentales Loch und holt sich Hilfe
Nicht nur körperlich erlebte Dreßen die schwerste Zeit seiner Karriere. „Vor gut einem Jahr bin ich mental in ein Loch gefallen und hatte Probleme. Mir ist das zunächst nicht aufgefallen, meine Frau hat das aber sofort gemerkt“.
„Ich hatte auf nichts mehr Lust, obwohl ich eigentlich nicht zu den schweigsamen Zeitgenossen gehöre. Ich habe dann Hilfe bei meinem Mentaltrainer Thomas Wörz gesucht, mit dem ich schon lange zusammenarbeite. Wir haben nach intensiven Gesprächen festgestellt, dass ich leichte depressive Phasen hatte“, gab sich Dreßen sehr offen.
Fast alle Partner halten die Treue - Bis auf einer
„Für mich war das Neuland. Ich hatte noch nie mit psychischen Problemen zu kämpfen. Zum Glück konnte ich mich auf mein privates Umfeld und meine Partner verlassen“, ergänzte der Kitzbühel-Sieger von 2019.
Mit Partner meint er Sponsoren, die ihm auch während der langen Pause die Treue hielten. „Ob die Firma Bogner, mein Partner Sölden, mein Hersteller Rossignol oder meine vielen anderen Partner. Fast alle haben mich weiter unterstützt, das ist nicht selbstverständlich“.
Unruhe mit Red Bull - „Musste einen Schlussstrich ziehen“
Mit einem Sponsor ging eine lange Partnerschaft aber zu Ende. Dreßen und sein einstiger Sponsor „Red Bull“ gehen getrennte Wege. Ganz reibungslos scheint die Verbindung nicht beendet worden zu sein.
„Es ist einerseits schade. Ich hatte viel Unterstützung von Red Bull. Wenn da aber nur Unruhe hereingebracht wird, musste ich einen Schlussstrich ziehen. Und Red Bull hat es von seiner Seite auch getan. Das ist für mich in Ordnung, jeder geht jetzt seine Wege“.
„Was die genauen Intentionen waren, warum sie nicht weitermachen wollten, kann ich nicht sagen. Das müsst Ihr Red Bull fragen“, sagte Dreßen gegenüber den anwesenden Journalisten.
Was bringt die „zweite Karriere? - Kampfansage an die Konkurrenz
Der Fokus liegt nach den turbulenten Zeiten aber wieder klar auf dem, was die gefühlt zweite Karriere für den 28-Jährigen noch bringen mag. Diesbezüglich hat Dreßen einen klaren Plan, mit dem er bereits in dieser Saison beginnen will.
„Ich will wieder dort hin, wo ich vor meiner langen Pause war“, sagte er abschließend. Und das war nicht weniger als die absolute Weltspitze in der Abfahrt.
Quelle: chiemgau24.de
truf aus Herzogenaurach