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„Noch nicht reif genug“: Elektro-Motorräder haben große Schwachstelle

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Von: Marvin K. Hoffmann

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Motorräder mit Elektromotoren haben zahlreiche Schwachstellen und sind umstritten. Biker sind genervt. Die Hersteller kennen die Probleme und wollen reagieren. 

Dortmund – Die giftgrüne Ninja EV, die Kawasaki auf der Motorradmesse in Dortmund Anfang März vorstellt, sieht gefährlich aus. Bissige Aufmachung, schnittige Stromlinienformen – ein sportlicher Kraftprotz. Doch der Schein trügt. Zwar würde sie ihre gesamte Energie auf der Straße sofort entfalten – allerdings nicht lange. Motorräder mit Elektroantrieb haben noch zu große Schwachstellen. Eine davon: die Reichweite. Vielen Motorradfahrern aus NRW und ganz Deutschland fällt ein Umstieg daher schwer. Die Verbrenner, wie auch noch beim Auto, dominieren die Motorrad-Welt. Ein Ende ist noch nicht in Sicht, doch die Hersteller tüfteln munter weiter.

Elektro-Motorräder haben große Probleme – „Noch nicht reif“

„Das Fahrgefühl auf einem Elektro-Motorrad muss phänomenal sein. Man soll ja sofort die komplette Power spüren“, meint Michael Bormann im Gespräch mit wa.de. Er ist der Vorsitzende des BMW Motorradclubs aus Lünen und viel auf den zum Teil von Staus geplagten Straßen unterwegs. Nur eben auf einem klassischen Motorrad mit Verbrennungsmotor. Die E-Variante hat sich bei ihm und seinen Mitstreitern noch nicht durchgesetzt. Es gibt schlichtweg zu viele Schwachstellen.

„Elektromobilität ist definitiv einer der Lösungswege für die Zukunft. Auf den gerade zu Ende gegangenen Frühjahrsmessen in Deutschland war das Interesse an unseren EV-Modellen (Electric Vehicles) für den Stadt- und stadtnahen Verkehr durchaus bemerkenswert, und das bei allen Altersgruppen von jung bis Ü50“, erklärt Kawasaki-Sprecher Andreas Seiler auf Nachfrage von wa.de.

Er weiß aber auch: „Fakt ist, dass hier noch manche Herausforderung zu bewältigen ist, was etwa die großflächige Versorgung mit Energie (Ladestationen) und die Unterbringung von ausreichend großen Akkumulatoren am Fahrzeug betrifft.“ Dennoch forsche Kawasaki „in verschiedene Richtungen, da wir auch kurzfristig umsetzbare Lösungen zur Rettung des Klimas und der Erde brauchen“. So handhaben es auch andere große Motorradhersteller wie beispielsweise KTM, Yamaha, Harley Davidson, Suzuki – oder BMW.

Motorradhersteller sehen den Elektromotor als Chance – er hat aber noch viele Schwächen

„Ein Bike mit einem elektrischen Antrieb zu entwickeln bedeutet die Chance, über eine völlig neuartige Architektur nachdenken zu dürfen und völlig neue Interpretationen von klassischen BMW Motorrad Designikonen gestalten zu können. Deswegen steht die Entwicklung einspuriger E-Mobilität bei BMW Motorrad für visionäre Fahrzeugkonzepte und für ein inspirierendes Design“, teilt BMW etwa auf Nachfrage von wa.de mit. Klingt zunächst einmal ziemlich großspurig.

Doch auch bei BMW haben sie das grundlegende Problem erkannt: „Grundvoraussetzungen für die Elektrifizierung gerade bei den überwiegend in der Freizeit und oft auf längeren Touren fernab der Stadt genutzten Motorrädern sind eine sich weiterentwickelnde Batteriezellentechnik und eine zukünftig wachsende Dichte an Ladestationen.“ Die wenigsten Biker nutzen ihr Motorrad nur, um von A nach B zu kommen – auch wenn Reisen, zum Beispiel nach Italien, bald schon wegen des Touristentickets noch teurer werden. „Der Weg ist das Ziel“ ist für viele mehr als nur ein Motto.

„Für weite Fahrten lohnt sich das einfach noch nicht. Ich weiß, dass die E-Motorräder Power haben. Ich weiß aber auch, dass du nicht weit damit kommst“, sagte Michael Bormann vom BMW Motorradclub. Zum Vergleich: Die anfangs beschriebene Kawasaki Ninja EV soll gerade mal eine Reichweite von 60 bis 80 Kilometer haben. „Unsere regelmäßigen Ausfahrten gehen da schon viel weiter“, sagt Bormann und macht direkt auf das nächste Problem aufmerksam: „Wo soll man das dann aufladen?“ Die Ladeinfrastruktur ist in Deutschland noch nicht vorhanden.

Kawasaki denkt über künstliche Geräusche bei Elektro-Motorrädern nach

Ein weiterer Kritikpunkt: Motorräder mit Elektroantrieb seien zu leise und würden im Straßenverkehrslärm nicht wahrgenommen werden. „Lösungsansatz war hier, den Fahrzeugen per Chip ein gewisses Geräuschniveau neben dem Abrollgeräusch der Reifen mit auf den Weg zu geben. Allerdings muss eine solche Variante wieder sauber in Einklang mit den Anforderungen an Geräuschlimits gebracht werden“, erklärt Kawasaki-Sprecher Seiler. Er gibt sich optimistisch, dass die Zeit der Elektromotorräder noch kommen wird.

Die Elektromobilität sei schließlich noch in einer Entwicklungsphase. „Da wird sich in den nächsten Jahren noch einiges tun, auch gerade was Batteriekapazität, -größe und die damit verbundene Reichweite anbelangt. Auch neue Batterietechnologien wären denkbar. Die Akkus werden in den nächsten Jahren immer kleiner werden, bei höherer Speicherdichte und größerer Kapazität. Und damit einhergehen wird dann das höhere Reichweitenpotenzial“, sagt er.

Bis das so weit ist, werden Michael Bormann aus Lünen und viele andere Biker ihrem Verbrennungsmotor treu bleiben. „Beim Auto könnte ich mir einen Umstieg vorstellen, beim Motorrad aber noch nicht – das ist noch nicht reif genug“, sagt er.

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